# taz.de -- Streit der Woche Online in den Ferien: "Internet versaut den Urlaub" | |
> Bernd das Brot aus dem Kinderkanal findet Internet im Urlaub doof. Für | |
> Mario Sixtus ist Surfen in der Fremde dagegen keine Belastung. | |
Bild: Total glücklich: Online am Strand. | |
In Zeiten ständiger Erreichbarkeit verschwindet die Möglichkeit, im Urlaub | |
richtig abzuschalten, findet der Soziologe und Zeitforscher Hartmut Rosa: | |
„Natürlich versaut uns das Internet den Urlaub. Alles was wir tun können, | |
ist auszusuchen, wie“, schreibt Rosa im Streit der Woche in der sonntaz. | |
Selbst wem es gelinge, im Urlaub auf die Netzwelt zu verzichten, könne die | |
freien Tage nicht unbeschwert genießen, kritisiert der Wissenschaftler: „Im | |
Hintergrund lauert das Bewusstsein, vielleicht Wichtiges zu verpassen und | |
abgehängt werden zu können. Und dass wir, zurück in der Arbeit, vor einem | |
Berg stehen werden, angesichts dessen sogar Sisyphos erbleicht wäre“. | |
Die zunehmende Verbreitung von mobilem Internet, von Laptops und | |
Smartphones wirft die Frage auf, ob sich die Grenzen zwischen Arbeitswelt | |
und Urlaub, zwischen Pflichten und Muße, nach und nach auflösen. Laut einer | |
Umfrage des Software-Anbieters Symantec beantwortet die Hälfte der | |
deutschen Arbeitnehmer im Urlaub E-Mails, jeder Dritte bekommt an | |
Feiertagen dienstliche Anrufe. Buchautoren und Zeitschriften fragen | |
deshalb, ob im digitalen Zeitalter eine Auszeit überhaupt noch möglich sei. | |
Die Grünen-Politikerin Agnieszka Malczak, mit 25 Jahren die jüngste Frau im | |
Bundestag, gibt zu: „Mir selbst fällt es in freien Zeiten schwer, | |
Internetabstinenz zu üben“. Aber sie wehrt sich gegen die Tendenz, für | |
„Freund, Kollege oder Chef“ jederzeit erreichbar zu sein. Im Streit der | |
Woche schreibt sie: „Abschalten ohne Ausschalten funktioniert nicht“. Und | |
betont: „Es bleibt unsere Entscheidung, ob wir das Gerät einschalten“. In | |
der parlamentarischen Sommerpause schreibt sie: „Ich trainiere das am | |
Beginn jeden Urlaubs aufs Neue – dann aber genieße ich“. | |
Auch Bernd das Brot, beim Kinderkanal Kika ein großer Verfechter des | |
Ausschaltens, geht die ständige Erreichbarkeit auf den Wecker: „Das | |
Internet versaut mir nicht nur den Urlaub, es ist ein lebenslanges | |
Versau-mir-meine-Welt-O-Tron“, schreibt er. | |
Für den Journalisten und Video-Podcast-Pionier Mario Sixtus ist das Surfen | |
in der Fremde dagegen keine Belastung, sondern Bereicherung: „Es ist ein | |
magischer Moment, auf der anderen Seite der Weltkugel zu urlauben und | |
gemächlich die persönliche Twitter-Timeline durchzuscrollen“, schreibt er | |
in der sonntaz. Er wollte auf das „Dauergeplapper“ seiner Netzfreunde nicht | |
verzichten. Zumal ihm die Twitter-Nachrichten ständig daran erinnerten, in | |
einer anderen Zeitzone zu sein: „Nur das Netz schafft es, räumliche | |
Entfernung spürbar zu machen und gleichzeitig gedankliche Nähe zu | |
schenken“. | |
Im Streit der Woche äußern sich zudem Buchautor Alex Rühle, Sänger | |
Sebastian „Buddy“ Erl, Stefan Fussan, Betreiber des Online-Portals | |
Wikivoyage und taz.de-Leser Uli Moll. | |
31 Jul 2010 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Loschert | |
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