# taz.de -- Kongos Armee gegen Islamisten: Terror hinter den Mondbergen | |
> Wird der Ostkongo zum Rückzugsgebiet für Islamisten? Dort läuft eine | |
> Offensive gegen ugandische Rebellen, die angeblich mit Somalias | |
> Al-Shabaab-Milizen kooperieren. | |
Bild: Von offizieller Seite verlautbart: Soldaten der kongolesischen Armee im A… | |
BERLIN taz | Ostafrikas Krieg gegen somalische Islamisten und weitere | |
vermutete Verbündete al-Qaidas ist um eine neue, gefährliche Front reicher | |
geworden: die Bergwälder Ostkongos an der Grenze zu Uganda. Über 100.000 | |
Menschen sind rund um die Stadt Beni auf der Flucht vor einer Großoffensive | |
der kongolesischen Armee gegen ugandische Rebellen in den schwer | |
zugänglichen Wäldern des Rwenzori-Bergmassivs. Die Rebellen der ADF (Allied | |
Democratic Forces) arbeiten nach amtlichen ugandischen Angaben mit Somalias | |
Islamistenmiliz al-Shabaab zusammen. Auch von offizieller Seite im Kongo | |
ist zuweilen zu hören, man befinde sich im Krieg gegen al-Qaida. | |
Al-Shabaab-Ausbilder seien im ADF-Hauptquartier im kongolesischen Nadui | |
aktiv, berichten ugandische Medien unter Berufung auf Geheimdienstberichte. | |
In Nadui seien auch die Selbstmordanschläge ausgeheckt worden, die während | |
des WM-Finales am 11. Juli 76 Tote in Ugandas Hauptstadt Kampala forderten. | |
ADF-Führer Jamil Mukulu habe dort 800 Kämpfer unter seinem Kommando, | |
ausschließlich Muslime; 40 Prozent seien Ugander, die anderen "Kongolesen, | |
Tansanier, Senegalesen, Somalier oder Westafrikaner", so ein in den Medien | |
zitierter Bericht. | |
Die ADF ist eine seit Jahrzehnten sporadisch auftauchende Rebellengruppe im | |
Kongo, die teils ugandische Muslime, teils Angehörige des westugandischen | |
Bakonzo-Volkes vereint. Die Bakonzo sind identisch mit der kongolesischen | |
Volksgruppe der Nande, einer der größten Ethnien Ostkongos, die im Gebiet | |
um die Distrikthauptstadt Beni sowie den Handelsknotenpunkt Butembo leben. | |
Eigentlich gilt die ADF seit fünf Jahren als faktisch besiegt, aber in | |
jüngster Zeit scheint sie wieder Zulauf bekommen zu haben - ob von | |
unzufriedenen Nande oder von somalischen Islamisten und anderen Ausländern, | |
ist allerdings unklar. Jedenfalls gibt es seit Februar im Kongo Berichte | |
darüber, dass in diesem Gebiet unidentifizierte schwerbewaffnete Kämpfer | |
aus Uganda einrückten. | |
Am 25. Juni begann Kongos Regierungsarmee eine Großoffensive gegen die ADF | |
im Gebiet um Beni. Die "Operation Rwenzori" äußert sich, wie alle | |
kongolesischen Regierungsoffensiven gegen bewaffnete Gruppen im Ostkongo, | |
vor allem in Übergriffen gegen die Zivilbevölkerung, die zu | |
Fluchtbewegungen führen. Internationale Hilfswerke zählen im Gebiet um Beni | |
90.000 neue Vertriebene, kongolesische Quellen noch viel mehr. Viele | |
Menschen fliehen in Reaktion auf anonyme Pamphlete, die die unmittelbar | |
bevorstehende Einnahme bestimmter Orte durch die ADF ankündigen und der | |
Bevölkerung raten, sich vorher in Sicherheit zu bringen. | |
Die lokale Bevölkerung sieht die zur "Operation Rwenzori" eingesetzten | |
Regierungssoldaten als Besatzungsmacht, weil es zumeist keine Nande sind. | |
Viele sind ruandischstämmige Soldaten der ehemaligen Rebellenarmee CNDP | |
(Nationalkongress zur Verteidigung des Volkes) des in Ruanda inhaftierten | |
Tutsi-Generals Laurent Nkunda und genießen in diesem Gebiet kein Vertrauen. | |
Andere sind frisch aus dem Westen Kongos eingerückt und kennen sich nicht | |
aus. Fast täglich melden lokale Menschenrechtsgruppen Tötungen von | |
Zivilisten durch das Militär. | |
Am Dienstag überfielen Regierungssoldaten auf der Straße zwischen Beni und | |
der ugandischen Grenze einen Bus, nachdem dessen Fahrer an einer | |
Straßensperre weitergefahren war und einen Soldaten überfahren hatte. Sie | |
beschossen das vollgeladene Fahrzeug mit Raketen. Bilanz: 15 Tote. Die | |
Bevölkerung und Geschäftswelt Benis befindet sich seitdem im Generalstreik, | |
sämtliche Läden und Märkte waren auch gestern noch geschlossen. | |
Ausgerechnet während in Uganda der Zusammenhang zwischen ADF und radikalen | |
Islamisten hervorgehoben wird, regt sich im Kongo massiver Protest gegen | |
die Übergriffe des eigenen Militärs im Kampf gegen die ADF. Von den eigenen | |
Soldaten, nicht von Islamisten, geht der Terror gegen die Zivilbevölkerung | |
aus. DOMINIC JOHNSON | |
1 Aug 2010 | |
## AUTOREN | |
D. Johnson | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |