# taz.de -- Dutzende Demonstranten verhaftet: Der Kreml schlägt zu | |
> Bei Protesten gegen die russische Regierung wurden über 100 Menschen | |
> vorübergehend verhaftet, darunter Ex-Vizepremier Nemzow. | |
Bild: Mit aller Gewalt: Russische Polizei nimmt Oppositionellen fest. | |
Es ist zum festen Ritual geworden. An jedem 31. eines langen Monats geht | |
Russlands Opposition auf die Straße, um an die Versammlungs- und | |
Demonstrationsfreiheit zu erinnern, die Artikel 31 der russischen | |
Verfassung garantiert. Zum festen Ablauf gehört auch, dass Moskaus | |
Machthaber die Genehmigung der Veranstaltungen seit nunmehr zwei Jahren | |
verweigern. | |
Trotz des Verbots versammelten sich auch am Samstag 500 Oppositionelle auf | |
dem Platz des Triumphes. Mehrere Hundertschaften der Polizei warteten im | |
Zentrum Moskaus auf die Teilnehmer des "Marsches der Andersdenkenden". Mehr | |
als 70 Demonstranten wurden festgenommen und auf ein Revier in der | |
Innenstadt gebracht. | |
Gegen den Polizeistaat | |
Nach Berichten des Senders Echo Moskwy skandierten die Protestierenden "Weg | |
mit dem Polizeistaat!", "Schande, Polizei!" und "Freiheit!". Viele | |
forderten den Rücktritt von Regierungschef Wladimir Putin. Unter den | |
Festgenommenen war auch der ehemalige Vizepremier Boris Nemzow, heute einer | |
der Vorsitzenden der Oppositionsbewegung "Solidarnost". Er kam am späten | |
Samstagabend wieder frei. | |
Auch in Sankt Petersburg lösten Sicherheitsorgane eine nicht genehmigte | |
Demonstration auf und nahmen 60 Teilnehmer vorübergehend fest. In Moskau | |
hatte die Stadtregierung die Veranstaltung mit dem Hinweis verboten, dass | |
bereits Russlands Automobilistenverband den Platz des Triumphes für ein | |
Festival gebucht hatte. Im Mai waren es Blutspender aus dem Umfeld | |
kremlnaher Jugendverbände, die der Opposition den Platz streitig machten. | |
Gegen die Demonstranten, die sich am Rande der Blutspendeaktion | |
versammelten, ging die Polizei mit bis dahin ungekannter Härte vor. | |
Sticker an der Kleidung | |
Das war wohl auch der Grund, warum die Vorsitzende der Moskauer | |
Helsinki-Gruppe Ludmilla Alexejewa vor der Aktion vom Wochenende | |
ankündigte, die Oppositionellen würden dem offiziellen Verbot Rechnung | |
tragen und keine Demonstration veranstalten. Zur Wahrung der Tradition | |
wolle man sich jedoch "einfach versammeln". Auf Plakate, Lautsprecher und | |
Sprechchöre, von denen sich Machthaber und Miliz verletzt fühlen könnten, | |
wolle man verzichten. Die Teilnehmer würden ihren Dissens lediglich durch | |
"31"-Sticker an der Kleidung zum Ausdruck bringen. Der Vorschlag zur Güte | |
traf bei der Polizei nicht auf Gegenliebe. Umgehend kassierte sie bekannte | |
Oppositionelle ein, sobald sie sich in der Nähe des Veranstaltungsortes | |
zeigten. | |
Zu den Festgenommenen in Moskau gehörten auch mehrere Mitglieder einer | |
Bürgerinitiative, die sich für den Schutz des Waldes in Chimki vor den | |
Toren Moskaus einsetzen. Sie kritisierten, dass die "grüne Lunge" einer | |
Autobahn nach St. Petersburg geopfert werde. Der Kampf um den Wald ist seit | |
Wochen Anlass beispiellosen Bürgeraufruhrs. Die Waldschützer fordern von | |
den Planern des Projekts, dass sie das Waldstück umgehen. | |
1 Aug 2010 | |
## AUTOREN | |
Klaus-Helge Donath | |
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