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# taz.de -- Gestiegener Kakaopreis: Schokolade nährt Spekulanten
> Der Kakaopreis hat sich in den vergangenen Jahren verdoppelt. Doch
> vorerst profitieren davon nicht die Bauern, sondern ein Hedgefonds. Jetzt
> wehren sich die Händler.
Bild: Wird jetzt wieder teurer: Kakao, hier im Rohzustand.
BERLIN taz | Bei den Chocolatiers Fassbender und Rausch am Berliner
Gendarmenmarkt duftet es leicht süßlich. Aus einem Schokoladenvulkan zu
Füßen des Berliner Schokobären strömt verschwenderisch die braune,
dickflüssige Masse. Wer hierher kommt, will Schokolade noch als Luxus
erleben. Dabei ist sie es schon lange nicht mehr. Der Preis für den
Schokorohstoff Kakaobohne ist in den vergangenen Jahrzehnten immer nur
gesunken. Die Inflation eingerechnet, hatte sich ihr Preis zwischen den
sechziger Jahren und 2000 gedrittelt. Doch damit ist es offenbar vorbei.
Seit Ende 2007 geht der Preis wieder nach oben. Grund ist nicht die
gestiegene Wertschätzung für Kakao, sondern anscheinend der Hedgefonds
Armajaro, der vor allem mit Kakao- und Kaffee-Zertifikaten handelt. Jetzt
hat der Fonds fast allen Kakao der Londoner Rohstoffbörse Liffe aufgekauft.
Künstlich verknappt
Andreas Christiansen vom Verein der am Rohkakaohandel beteiligten Firmen
ist deshalb außer sich. Es könne nicht sein, dass ein einziger Spekulant es
schafft, den Kakaopreis innerhalb von nur zwei Jahren zu verdoppeln. "Es
ist genug Kakao auf dem Markt", sagt der Händler. Armajaro habe das Angebot
jedoch künstlich verknappt und dabei eine Lücke an der Liffe ausgenutzt. Im
Gegensatz zu Marktteilnehmern an Rohstoffbörsen in den USA wissen die
Händler an der Liffe nicht, ob sich Futures in der Hand von Produzenten,
Hedgefonds oder Verbrauchern befinden. Das sorgt für Unsicherheit und
treibt die Preise.
Christiansen und Vertreter von 15 weiteren Unternehmen führen deshalb erste
Gespräche. Ian Dudden von der Liffe bestätigt, dass sich die
Handelsbedingungen ändern sollen: "Ein Commitment Traders Report nach
Vorbild der US-Terminbörsenaufsicht ist derzeit im Gespräch."
Preis verdoppelt
Die Manager von Armajaro hingegen hüllen sich in Schweigen. Die
Juli-Futures, also die Lieferungen für Kakao im vergangenen Monat, waren
seit zwei Jahren an der Liffe handelbar. 240.100 Tonnen soll Armajaro in
dieser Zeit netto gekauft haben, der Preis verdoppelte sich von 1.500 auf
3.000 Euro je Tonne Kakao verdoppelt. Der Armajaro-Deal umfasst zwar nur
knapp 7 Prozent der Weltjahresproduktion, entspricht jedoch fast der
kompletten im Juli lieferbaren Menge. Die nächsten Lieferungen gibt es erst
im September. In der Zwischenzeit kann der Hedgefonds seine Bestände mit
entsprechend hohen Gewinnen weiterverkaufen. Barry Callebaut, der
weltgrößte Schokoladenkonzern, zu dem unter anderem auch Stollwerck gehört,
soll 100.000 Tonnen übernommen haben.
Neben Armajaro profitieren auch die Kleinbauern, wenn auch nur in geringem
Maße. "Höhere Preise für Kakao sind deshalb grundsätzlich positiv zu
bewerten", sagt Brigitte Frommeyer vom Fair-Trade-Händler Gepa. Der
derzeitige Weltmarktpreis liegt über dem Mindestpreis von Fair-Trade-Kakao,
doch gebe es keine Garantie, dass diese Hochpreisphase anhalte. Fair Trade
sei deshalb noch lange nicht überflüssig. Denn das Geld gehe direkt an
Bauerngenossenschaften. Bei konventionellem Kakao komme dort im Schnitt nur
etwa ein Drittel der an der Börse gezahlten Summen an: "Das ist aber unter
anderem abhängig vom Verhandlungsgeschick der Bauern", erklärt Frommeyer.
Für den derzeitigen Preisanstieg sind der Gepa-Sprecherin zufolge jedoch
nicht allein Spekulanten verantwortlich: "Ursache sind auch Ernteeinbrüche
in der Elfenbeinküste und die verstärkte Nachfrage in den
Schwellenländern."
Das Gegenteil von normal
Auch der Kakaohändler Christiansen sieht Probleme in den Erzeugerländern.
Hauptproblem sei jedoch die Intransparenz der Börse. "Der Kakaomarkt erlebt
derzeit eine Phase von Backwardation", sagt Christiansen. Und das ist
Gegenteil des Normalfalls: Futures sind eigentlich umso teurer, je weiter
ihre jeweilige Ausführung in der Zukunft liegt. Versicherungen bei
Lieferschwierigkeiten oder Lagerkosten wollen schließlich bezahlt werden.
Nicht so derzeit: "September-Futures kosten 300 Euro weniger als eine Tonne
Kakao auf dem Spot-Markt", so der Kakaohändler. Dieser Preisunterschied
könne nicht mit natürlichen Marktgegebenheiten erklärt werden.
Christiansen weiß, warum besonders der Kakaomarkt im Ziel der Spekulation
steht: "Er ist der kleinste Futuremarkt mit vernünftiger Liquidität. Mit
wenig Geld können hier maximale Preisveränderungen erzielt werden." Deshalb
hofft auch Christiansen jetzt auf erfolgreiche Gespräche mit der Liffe.
1 Aug 2010
## AUTOREN
Jörg Zeipelt
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