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# taz.de -- Überflutung in Pakistan: Keine Chance zur Flucht
> Zehntausende Menschen in Pakistan sind trotz eines Großaufgebots der
> Armee noch immer von der Außenwelt abgeschnitten. Jetzt drohen schwere
> Seuchen.
Bild: Zerstörte Brücken und Erdrutsche machen eine Flucht für viele Menschen…
Rettungsteams der Armee und Mitarbeiter internationaler Hilfsorganisationen
haben sich am Montag weiter in das Überschwemmungsgebiet im Nordwesten
Pakistans vorgekämpft. Dort sind noch immer zehntausende Menschen von der
Außenwelt abgeschnitten. Die Wassermassen haben etliche Straßen und Brücken
zerstört, sodass die Flucht aus dem Katastrophengebiet und die Versorgung
mit Hilfsgütern unmöglich wurden.
Geschätzt 2,5 Millionen Menschen sind von den schwersten Überschwemmungen
betroffen, die Pakistan seit seiner Staatsgründung gesehen hat. Im Swat-Tal
nördlich von Islamabad sind die Bewohner vieler Bergdörfer nach schweren
Regenfällen unvermittelt von den Wassermassen überrascht worden. Viele
Menschen konnten sich daher nicht in Sicherheit bringen, als ganze
Ortschaften von den Fluten mitgerissen wurden. Große Teile des Tieflandes
stehen ebenfalls unter Wasser.
Mindestens 1.100 Menschen sollen bislang ums Leben gekommen sein. Es steht
jedoch zu befürchten, dass die Zahl der Opfer noch immens steigen könnte.
"Das Ausmaß der Zerstörung ist so groß, dass es sehr gut möglich ist, dass
es in vielen betroffenen Gegenden Tote gegeben hat, über die noch nicht
berichtet worden ist", sagte Armeesprecher Athar Abbas. Jetzt kämpfen die
Retter und Hilfsteams vor allem gegen die Zeit: Denn schon gibt es erste
Berichte über Fälle von Cholera unter den Flüchtlingen.
Fernsehaufnahmen und Fotos aus der betroffenen Region zeigten noch am
Montag etliche Menschen auf den Dächern ihrer überfluteten Häuser. Das
Wetteramt erklärte, innerhalb von 36 Stunden seien 312 Millimeter Regen
gefallen. Die Armee gab bekannt, 20.000 Menschen mit Hilfsgütern versorgt
und 19.000 in Sicherheit gebracht zu haben. 30.000 Soldaten seien im
Einsatz, um die Betroffenen mit Booten und Hubschraubern zu evakuieren und
mit Nahrungsmitteln zu versorgen.
Bei den meisten Betroffenen ist jedoch offenbar nur wenig oder gar keine
Hilfe angekommen. Sie zeigten offen ihre Wut über die Behörden, denen sie
vorwerfen, sie hätten viel zu langsam auf die Katastrophe reagiert. Mehrere
hundert Menschen haben noch am Sonntag in Peshawar protestiert, der
Hauptstadt der Provinz Khyber-Pakhtoonkhwa. Sie zeigten sich darüber
verärgert, dass die Regionalregierung keine angemessenen Unterkünfte für
sie bereitgestellt habe.
"Ich habe mit meinem hart verdienten Geld ein zweistöckiges Haus am
Stadtrand von Peshawar gebaut, aber ich habe es in den Fluten verloren",
sagte Ejaz Khan, einer der Demonstranten einer Nachrichtenagentur. "Die
Regierung hilft uns nicht. Die Schule, in die wir gebracht worden sind, ist
voll mit Menschen, und es fehlt an Essen und Medizin." Beobachter
berichten, dass gerade einmal 30 Kilometer von Peshawar entfernt die
Menschen zu Tausenden ohne Zelte, Nahrungsmittel und Hilfe entlang den
Straßen übernachten.
Die Katastrophe hat die Menschen im Swat-Tal besonders schwer getroffen.
Denn viele von ihnen sind erst in den vergangenen Monaten wieder in ihre
Städte und Dörfer zurückgekehrt. Vor knapp einem Jahr hat sich die
pakistanische Armee dort und in den umgebenden Distrikten schwere Gefechte
mit Anhängern einer Islamistenmiliz aus dem Umfeld der "Pakistanischen
Taliban" geliefert. Die Militanten hatten in den Monaten zuvor weite Teile
der Region unter ihre Kontrolle gebracht. Mehr als eine Million Menschen
mussten damals inmitten der Gefechte fliehen und Zuflucht in Notlagern oder
bei Bekannten suchen. Ganze Ortschaften wurden dabei bei den Kämpfen
zerstört.
Viele von denen, die nun in den Fluten alles verloren haben, hatten ihre
Häuser erst kürzlich wiederaufgebaut. Doch nun haben die Fluten neben
tausenden von Häusern auch nahezu die gesamte Infrastruktur der Region
zerstört. Fazl Maula Zahid, der für das Landwirtschaftsministerium der
Provinz arbeitet, sagte, mehr als 40.000 Hektar Nutzland seien von den
Wassermassen davongetragen worden.
"Dieses Land wird nun zu einer Wüste verkommen", sagte Zahid. "Unsere
Infrastruktur der vergangenen 50 Jahre wurde weggespült."
2 Aug 2010
## AUTOREN
Sascha Zastiral
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