# taz.de -- Kommentar Hochwasser in Pakistan: Die Rangfolge der Empathie | |
> Spenden- und Hilfsbereitschaft für die Opfer hat meist mehr mit Empathie | |
> zu tun als mit der Schwere einer Katastrophe – und Pakistan ruft negative | |
> Assoziationen hervor. | |
Nur selten erreicht nach Naturkatastophen die notwendige Hilfe die | |
Betroffenen rechtzeitig und in ausreichender Menge. Nach den | |
Überschwemmungen in Pakistan ist die Diskrepanz zwischen benötigter und | |
bereitgestellter Hilfe allerdings größer als selten zuvor. | |
Mit über 13 Millionen ist die Zahl der Hilfsbedürftigen in Pakistan so groß | |
wie noch nie seit Gründung der UNO vor 65 Jahren. Doch noch immer haben die | |
humanitären Sonderorganisationen der UNO von ihren 192 Mitgliedsstaaten | |
nicht die Mittel erhalten, um schnell und effektiv genug reagieren zu | |
können. Ein ständiger Nothilfefonds von mindestens einer Milliarde | |
US-Dollar, vor zwei Jahren von der Generalversammlung beschlossen, sollte | |
diese schnelle Reaktion ermöglichen - unter anderem durch Vorsorgemaßnahmen | |
wie der Einrichtung von Depots mit Nahrungsmitteln, Medikamenten und | |
anderen überlebenswichtigen Gütern in oder an den Grenzen zu Regionen und | |
Ländern, die besonders durch Naturkatastrophen bedroht sind. | |
Nach allen bisherigen Erfahrungen und Erkenntnissen der Wetter- und | |
Erdbebenforschung gehört auch Pakistan zu diesen Ländern. Doch der | |
UN-Nothilfefonds wurde von den Mitgliedsstaaten nie ausreichend gefüllt, | |
weshalb die UNO jetzt um Spenden in Höhe von zunächst 360 Millionen Dollar | |
betteln muß. | |
Es ist zu befürchten, dass dieser Spendenappell wenig erfolgreicher sein | |
wird als jene des Roten Kreuzes und der in Pakistan engagierten privaten | |
Hilfsorganisationen. Denn kaum ein Land der Erde ruft - zumindest in den | |
westlichen Staaten - ähnlich negative Assoziationen hervor wie Pakistan: | |
Korruption, Taliban, Atomwaffen und dazu ein Präsident und eine Regierung, | |
die bislang vor allem ein zynisches Desinteresse am Schicksal der eigenen | |
Bevölkerung demonstriert haben. Anders als in vielen asiatischen Staaten, | |
die vor vier Jahre von der Tsunami-Katastrophe betroffen waren, gibt es in | |
Pakistan auch kaum westliche Touristen, die mit diesem Land vielleicht | |
positivere Eindrücke verbinden könnten. | |
Dass Spenden- und Hilfsbereitschaft für die Opfer meist mehr mit Empathie | |
zu tun als mit der Schwere einer Katastrophe, zeigt sich gegenwärtig ja | |
auch in Europa. Im Vergleich zwischen den Überschwemmungen an Oder und | |
Neiße und den Bränden in Russland, die derzeit täglich rund 350 Tote | |
fordern, finden letztere auch ein deutlich geringeres Echo. | |
12 Aug 2010 | |
## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Lage in Russland weiterhin kritisch: Waldbrände bedrohen Atomanlage | |
Die Feuersbrunst in Russland weitet sich weiter aus. Die Brände nähern sich | |
der Atomanlage in Sarow. Ein Ende der Hitzewelle ist noch nicht in Sicht. | |
Flut in Pakistan: Opfer im Wasser, Helfer aus der Luft | |
Nachdem in Pakistan lange nichts geschah und die Verzweiflung stieg, wird | |
jetzt mit US-Hubschraubern und UN-Hilfswerken geklotzt. Der Wettlauf der | |
TV-Bilder beginnt. | |
Fluten in Pakistan: Größte Naturkatastrophe seit langem | |
Knapp zwei Wochen nach Beginn der Überschwemmungen bittet die UN dringend | |
um Hilfe. Sechs Millionen Menschen sind unmittelbar bedroht, doch die | |
Hilfen laufen nur langsam an. |