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# taz.de -- Heiko Maas (SPD) zur Rentendebatte: "Verkappte Rentenkürzung"
> Ohne Jobs für Ältere ist eine Erhöhung des Rentenalters sinnlos, meint
> Heiko Maas. Insgesamt wünscht sich der Chef der Saar-SPD mehr
> Mitbestimmung durch die Bürger - auch bei Personalfragen.
Bild: "Der Zeitraum ist sekundär. Es geht um Arbeitsplätze": Heiko Maas, Chef…
taz: Herr Maas, reicht Ihnen der mutmaßliche Kompromiss bei der Rente? Eine
Verschiebung, bis sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt verbessert hat?
Heiko Maas: Die Erhöhung des Renteneintrittsalters ist nur sinnvoll, wenn
es auch ausreichend Arbeitsplätze für ältere Arbeitnehmer gibt. Sonst ist
die Rente mit 67 nur eine verkappte Rentenkürzung.
Mit wie vielen Jahren Aufschub rechnen Sie?
Der Zeitraum ist sekundär. Es geht um Arbeitsplätze. Momentan gibt es keine
Anzeichen dafür, dass bald eine vertretbare Beschäftigung erreicht wird.
Wenn die Beschäftigungsquote es nicht hergibt, kann es auch in zehn Jahren
keine Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters geben.
Müntefering kritisiert eine mögliche Korrektur als "defensives Signal". Hat
er Recht?
Da halte ich es mit Willy Brandt, der gesagt hat: "Besinnt euch darauf,
dass jede Zeit eigene Antworten will und man auf ihrer Höhe zu sein hat,
wenn Gutes bewirkt werden soll." Es gibt ein offenkundiges Problem,
genügend Arbeitsplätze für ältere Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen -
und die SPD reagiert darauf. Das verstehe ich unter verantwortungsvoller
Politik.
Vor einem Jahr sahen Sie wie der kommende Ministerpräsident des Saarlands
aus. Warum hat das nicht geklappt?
Gescheitert ist es letztlich an den Grünen. Die haben sich nach der Wahl
anders verhalten als vorher gesagt. Ein Wechsel hätte dem Land gut getan.
Peter Müller ist verbraucht. Das ist keine Regierung, das ist ein
Chaos-Club.
Das saarländische Verfassungsgericht hat nun einzelne Aktionen der
Landesregierung vor der Wahl 2009 als verfassungswidrige Werbung zu Gunsten
der CDU beurteilt.
Müllers Wahlkampf mit Steuermitteln aus der Landeskasse war illegal. Das
hat er vom Verfassungsgericht schwarz auf weiß bekommen. Das ist ein
einmaliger Vorgang in der Geschichte unserer Republik, das ist
Verfassungskriminalität. Deshalb haben wir den Bundestagspräsidenten
eingeschaltet. Wir lassen Müller nicht davonkommen. Ein Verfassungsbrecher
als Ministerpräsident, das geht gar nicht.
Eigentlich können Sie doch froh sein nicht, zu regieren. Ihr potenzieller
Koalitionspartner, die Linke, steckt in der Krise, wie zuletzt die Debatte
um die Mitgliederzahlen gezeigt hat.
Das waren ja nie Mitglieder. Vor der Wahl hat die Saar-Linke permanent
Jubelmeldungen darüber verbreitet, wie toll sie ist. Heute wissen wir: Da
war eine Menge Luft dabei.
Ein anderer möglicher Partner wäre die FDP. Es gibt Öffnungstendenzen, von
beiden Seiten.
Die sozialliberalen Regierungszeiten der siebziger Jahre im Bund waren
keine schlechten Zeiten, auch nicht für die SPD. Es hängt von der FDP ab.
Wenn Themen wie Bürgerrechte oder Bildung gestärkt werden, kann die FDP zu
einem interessanten Partner für die SPD werden. Es wäre ein Fehler, diese
Option nicht ernsthaft im Auge zu behalten.
Sie könnten sich wohl auch beim Thema Bürgerbeteiligung einigen. Brauchen
Bürger wieder mehr Mitspracherecht?
Ja. Wir haben im Saarland gute Erfahrungen damit gemacht, das Wahlprogramm
von den Bürgern und Mitgliedern mitgestalten zu lassen. Wir können noch
weiter gehen…
Nämlich?
Wir können bei Personalfragen nach amerikanischem Vorbild Vorwahlen
abhalten. Warum sollen sich Kandidaten nicht ein Votum von der Bevölkerung
abholen lassen, bevor sie sich zur Wahl stellen?
Das würde dann auch für Sie gelten, vor der nächsten Landtagswahl?
Wir bräuchten ein Konzept, damit so etwas keine isolierte Aktion wäre,
sondern auf kommunaler und Landesebene ein Organisationsprinzip wird. Dann
kann es eine solche Vorwahl auch für SPD-Spitzenkandidaten geben.
In der Bildungspolitik hat Sigmar Gabriel gerade vorgeschlagen, die Bürger
über das Kooperationsverbot abstimmen zu lassen. Ist das richtig?
Absolut. Es muss ein Mindestmaß an bildungspolitischer Übereinstimmung
geben. Schließlich wird von den jungen Menschen Mobilität erwartet. Nach
einem Umzug in ein anderes Bundesland wissen Eltern teilweise gar nicht, in
welche Klassenstufe sie ihr Kind einzuschulen haben. Das ist
außerordentlich problematisch, diese Auswüchse des Bildungsföderalismus.
20 Aug 2010
## AUTOREN
K.-P. Klingelschmitt
G. Repinski
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