# taz.de -- Studienreform in Deutschland: Der Master wird zum Nadelöhr | |
> Zum Wintersemester wollen das erste Mal tausende Bachelor-Absolventen in | |
> ein Masterstudium wechseln. Nun zeigt sich: die Plätze reichen nicht. | |
Bild: Sitzen gelassen: Bachelor-Studenten in Deutschland. | |
In Köln fühlen sie sich vor den Kopf gestoßen. "Man hatte sich ja vorher | |
Gedanken gemacht, aber dann war ich schon sehr überrascht", sagt Mira (22). | |
Die BWL-Studentin hatte ihren Bachelor an der Universität Köln mit einer | |
Note von 2,2 abgeschlossen. Wie viele ihrer Kommilitonen bewarb sie sich | |
für den weiterführenden "Master of Business Administration". Aber die | |
eigene Uni spielte nicht mit: Anfang August erhielt sie eine Absage. | |
Mehr als 1.700 Bewerbungen auf 215 Masterplätze hatte die Universität | |
erhalten. Weil als alleiniges Auswahlkriterium die Bachelor-Abschlussnote | |
diente, gingen fast zwei Drittel der Kölner Absolventen leer aus. Für vier | |
der fünf BWL-Spezialisierungsfächer reichte selbst ein Abschluss von 1,9 | |
nicht aus. | |
Mit der Bologna-Reform wollten die Bildungspolitiker 2003 den Bachelor | |
eigentlich zum Regelabschluss machen. Zwei Drittel der Studenten, so die | |
Vorgabe, sollten sich auf diesen ersten "berufsqualifizierenden" Abschluss | |
beschränken. Viele Studenten gehen aber davon aus, dass sie nur mit einem | |
Master-Abschluss Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. | |
Andreas Keller, Hochschulexperte der Gewerkschaft Erziehung und | |
Wissenschaft, interpretiert die Engpässe in Köln als Vorboten einer | |
bedrohlichen Entwicklung: "In den kommenden Semestern drängen die ersten | |
großen Bachelor-Jahrgänge ins Masterstudium." Er fordert: "Alle sollten das | |
Recht haben, weiter studieren zu können." | |
Dabei ist die Universität in Köln nicht das erste Beispiel dafür, dass der | |
Übergang von Bachelor zu Master zum Nadelöhr werden kann. So protestierten | |
Studenten der Universität Potsdam im Sommer 2008, als für die | |
Masterstudiengänge in Biowissenschaften, BWL und Informatik eine | |
Zulassungsbeschränkung eingeführt wurde. Hochschulvertreter und Studierende | |
der Rheinisch-Westfälischen Technische Hochschule Aachen drehten den Spieß | |
um: Sie erklärten den Master als Regelabschluss kurzerhand zum | |
"Markenzeichen der RWTH". | |
Aber kann es überhaupt für alle studienwillige Bachelor-Absolventen | |
Master-Studienplätze geben? Darüber haben sich die politisch | |
Verantwortlichen offenbar wenig Gedanken gemacht. Die | |
Kultusministerkonferenz (KMK) hat sich mit der erwarteten Nachfrage und dem | |
Studienplatzangebot bislang nicht auseinandergesetzt, gibt eine Sprecherin | |
zu: "Auf Arbeitsebene wird aber versucht, die Entwicklung generell im Auge | |
zu behalten." | |
Auch das Bundesbildungsministerium erhebt bisher keine Zahlen. Man hege | |
aber nicht die Befürchtung, dass zu wenige Masterplätze angeboten werden. | |
Zudem sei man der Überzeugung, dass Bachelor-Absolventen für einen | |
Studienplatz auch in eine andere Stadt ziehen könnten. Für Mira kommt der | |
Rat zu spät: "Ich habe mich nirgendwo anders beworben." Sie will jetzt ein | |
Praktikum machen und sich in einem Jahr deutschlandweit bewerben: "Das Jahr | |
habe ich dann trotzdem verloren." | |
23 Aug 2010 | |
## AUTOREN | |
Niklas Wirminghaus | |
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