# taz.de -- Kolumne Kriegsreporterin: Macht's euch doch selbst! | |
> An der Medienfront war in letzter Zeit wenig los. Außer vielleicht unser | |
> Staunen über die öffentlich-rechtlichen Gehälter und dass Joop | |
> Schlingensiefs Augen so toll fand. | |
Taz, du altes Schlachtross, da bin ich wieder! Und um es mit den Worten | |
eines alten Barden zu sagen: "Ich sag nur ,Hello again'!" Das rufe ich vor | |
allen all jenen zu, die gehofft hatten, ich hätte meinen Heimaturlaub zur | |
Fahnenflucht genutzt und würde nun mein Dasein in einer Dachkammer fristen. | |
Is nich, sorry. Wir sind hier ja nicht bei "Die Entdeckung der Currywurst". | |
Versäumt haben Sie und ich in den vergangenen Wochen nicht viel. Über die | |
Gehälter, die wir den öffentlich-rechtlichen Obrigen mit unseren Gebühren | |
finanzieren, lässt sich staunen und diskutieren, ansonsten könnte man die | |
Überschrift der Eckernförder Zeitung vom 27. Juli "Autobrände - Polizei | |
sucht Minirock-Mädchen" schon als das kulturelle Highlight begreifen, ist | |
er doch vom schönen Film "Dracula jagt Mini-Mädchen" von 1972 entliehen. | |
Allenfalls Herbert Reinecker schaffte es, als Derrick-Drehbuchautor derlei | |
Titel an das Ende des letzten Jahrtausends zu schleifen. | |
Wir bleiben in den 70ern, meiner Kindheit. Ich bin ein Hörzu-Kind. Schon | |
damals habe ich mich gefragt, wie man einer Programmzeitschrift den | |
beknackten Titel Hörzu geben kann. Ohne zu wissen, dass zunächst | |
Radioprogramme abgedruckt wurden, fand ich es völlig daneben, jemandem zu | |
sagen, was er tun soll. Hör zu! Um so mehr, als dass man dafür auch noch | |
Geld zahlt. Nachdem der Axel Springer Verlag jahrelang versucht hatte, | |
Hörzu eine Käuferschicht zuzuführen, die nicht so alt ist wie meine Eltern, | |
hat man jetzt klein beigegeben und bringt nun Hörzu Heimat auf den Markt. | |
Schon das Logo weist den Weg in die Pflegeabteilung des Musikantenstadls, | |
und das Blatt, das "die schönsten Seiten unseres Landes vorstellt", wäre | |
auch mit "Hörzu scheintot" treffend bedient. | |
Apropos tot. Zum Tode von Christoph Schlingensief gibt es nicht viel zu | |
sagen. Und doch alles. Und was es zu sagen gibt, ist so individuell, wie | |
Schlingensief mannigfaltig war. Um seiner würdige Worte zu finden, richte | |
ich an dieser Stelle einen Schweigeplatz ein. Den möge jeder füllen, wie | |
er/sie mag. Für Vieldenker: Der Platz ist dehnbar, keine Sorge: | |
And now for something completely different, es wird wieder lustig, also: | |
Freischreiber, meine tapfere Kampftruppe freier Journalisten, veranstaltet | |
im September ihren Jahreskongress. Weil es darum gehen soll, wie man | |
jenseits der marktmächtigen Verlage überleben kann, haben sie das Ding | |
"Machs dir selbst!" genannt, grad so, als sei unser Leben ein Baumarkt. | |
UND! Es geht das Gerücht, dass der Vorstand als Handwerker verkleidet, der | |
legendären YMCA-Sangestruppe gleich, eine Showeinlage gibt. In Latzhose, | |
cooler Zimmermannskluft und Overall würden sie auf die YMCA-Melodie | |
"Freischreiber! Komm doch zu Frei-schrei-heibäher!" darbieten. Ich hoffe, | |
da ist was dran. An dem Gerücht. | |
Zum Schluss noch einmal etwas Schlimmes, ich wollte Ihnen oben nicht die | |
Laune verderben. Noch einmal Schlingensief, der Wehrlose. Zu seinem Tod war | |
in der B. Z. online zu lesen: "Weggefährten wie Michel Friedman oder | |
Wolfgang Joop erinnern in der B. Z. an Christoph Schlingensief." Ist das | |
aus der Rubrik "Mit Toten kann man es ja machen"? Natürlich kann der Jopi | |
Heesters der Mode seine Klappe wieder einmal nicht halten: "Seine | |
treuherzigen Augen konnten einen verführen". Die Kalaschnikow suchend | |
zurück nach Berlin! | |
24 Aug 2010 | |
## AUTOREN | |
Silke Burmester | |
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