# taz.de -- Erfolg für den Tierschutz: Ein paar Kaninchen weniger | |
> Neue Verfahren ersetzen Tierversuche auf Hautreizung. Zahlreiche andere | |
> Chemikalien-Untersuchungen werden aber weiterhin an Tieren gemacht. | |
Bild: Diese Karnickel müssen Hautverätzungen nicht mehr fürchten. | |
BERLIN taz | Ab sofort werden jährlich Zehntausende von Kaninchen weniger | |
in Tierversuchen leiden. Das hofft zumindest die Tierschutzorganisation | |
Peta. Grund für den Optimismus: Die Organisation für Wirtschaftliche | |
Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat neue Testverfahren, mit deren | |
Hilfe Chemikalien auf Giftigkeit untersucht werden, in ihre Prüfrichtlinien | |
aufgenommen. | |
Ihnen wird damit in den 32 Mitgliedsländern der OECD behördliche Geltung | |
verschafft. Die neuen Methoden arbeiten mit Hautmodellen aus menschlichen | |
Zellen und werden den Hautreizungstest an Kaninchen bis auf wenige | |
Ausnahmen ersetzen, erwartet der Deutsche Tierschutzbund. In dem | |
Tierversuch mussten die Chemikalien auf die rasierte Haut von Kaninchen | |
aufgebracht werden, deren Hautreaktion dann bewertet wurde. | |
"Das ist nicht nur ein Sieg für den Tierschutz, sondern auch für die | |
Verbrauchersicherheit", sagt Irmela Ruhdel, Tierversuchsexpertin bei der | |
Akademie für Tierschutz in München. "Die neuen Tests sind zuverlässiger als | |
der Tierversuch, der nie ein so strenges Prüfverfahren durchlaufen musste", | |
so Ruhdel. | |
"Man kann sich die Modelle tatsächlich wie kleine Hautscheibchen | |
vorstellen", erklärt Klaus Schröder, der das Life Science Laboratorium am | |
Zentrum für Ersatz- und Ergänzungsmethoden zu Tierversuchen in Linz leitet. | |
"Wir bekommen die menschlichen Hautzellen aus Krankenhäusern und erstellen | |
daraus neue Haut, auf die die Chemikalien aufgetragen werden." Das Labor | |
nahm an einer internationalen Studie teil, die eines der Testsysteme für | |
Hautreizungen untersuchte. Bereits 2008 wurde der Test vom Europäischen | |
Zentrum für die Validierung alternativer Methoden als volle Ersatzmethode | |
anerkannt und fand 2009 Eingang in EU-Richtlinien. Erst in diesem Jahr hat | |
er es nun auch in die OECD-Vorschriften geschafft. | |
Tests auf Augenreizung durch Chemikalien werden dagegen derzeit immer noch | |
an Kaninchen durchgeführt: Dabei wird lebenden, unbetäubten Kaninchen die | |
Substanz in die mit Klammern offen gehaltenen Augen geträufelt. An einer | |
tierversuchsfreien Methode wird unter anderem im Zellkulturlabor der | |
Tierschutzakademie in München geforscht. Noch in diesem Jahr könnte die | |
OECD die entsprechenden Ersatzmethoden anerkennen, schätzt Irmela Ruhdel. | |
Allerdings seien diese Tests nur zwei aus einer ganzen Reihe von | |
Untersuchungen, die im Rahmen von toxikologischen und Sicherheitsprüfungen | |
für Chemikalien durchgeführt werden. Bei vielen dabei davon handele es sich | |
noch um Tierversuche, so Ruhdel. | |
Neben Chemikalien für die Human- und Tiermedizin müssen in der EU auch | |
Stoffe, die in der Industrie oder der Landwirtschaft eingesetzt werden | |
sollen, auf Giftigkeit geprüft werden. Laut der europäischen | |
Chemikalienverordnung Reach, die 2007 in Kraft trat, müssen außerdem rund | |
30.000 Stoffe, die bereits im Umlauf sind, geprüft und registriert werden. | |
Tierschützer erwarteten eine starke Zunahme von Tierversuchen. | |
Im Jahr 2005, aus dem die letzten veröffentlichten Zahlen stammen, wurden | |
in der EU über eine Million Tiere für toxikologische Untersuchungen | |
verwendet - hauptsächlich Mäuse und Ratten, aber auch knapp 40.000 | |
Kaninchen, gut 14.000 Hunde und über 6.000 Affen. Die mittlerweile | |
überflüssig gewordenen Hautreizungstests machten mit rund 12.000 | |
verwendeten Tieren nur einen kleinen Teil dieser Versuche aus. | |
24 Aug 2010 | |
## AUTOREN | |
Friederike Schmitz | |
## TAGS | |
Homöopathie | |
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