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# taz.de -- Obamas Rede zum Abzug aus dem Irak: Kriegskosten und Rezession
> In seiner Rede zum Abzug aus dem Irak vermeidet Obama, Triumph zu zeigen.
> Stattdessen rechnet er vor, wie die Kosten des Krieges die USA in die
> Rezession trieben.
Bild: Bedacht auf ausgleichende Signale: Vor der Rede an die Nation zum Truppen…
WASHINGTON taz | Wenn ein Krieg zu Ende geht, kann das eine Gelegenheit für
martialische Worte sein. Nicht in diesem Fall: Als Barack Obama am
Dienstagabend, sieben Jahre und 165 Tage nach der US-Invasion Iraks den
Kampfeinsatz für beendet erklärt, ist weder von "Sieg", noch von "Erfolg"
die Rede. Er erklärt schlicht die "Operation irakische Freiheit" für
beendet und sagt: "es ist Zeit für Amerika, weiterzublättern". Der
Präsident erwähnt auch den "riesigen Preis", den sein Land gezahlt habe.
Würdigt ausführlich den "Dienst" und das "Opfer" der US-SoldatenInnen.
Macht die Kriegskosten für die Rezession verantwortlich. Und kündigt an,
dass nunmehr das irakische Volk die Verantwortung für die Sicherheit seines
Landes übernehmen müsse.
Das ist ein anderer Ton als jener, den sein Amtsvorgänger in Kriegsfragen
benutzt hat. George W. Bush hatte die Invasion des Irak, von dem es
fälschlicherweise hieß, er besitze "Massenvernichtungswaffen", Anfang 2003
gegen massive internationale und nationale Widerstände durchgesetzt. Schon
im Frühsommer jenes Jahres trat der US-Präsident auf einem Kriegsschiff und
vor einer Kulisse von US-Soldaten in Kampfuniform vor die Kameras und
erklärte: "Mission erfüllt."
Die Ansprache Obamas an die Nation ist die zweite seiner Amtszeit. Bei der
ersten ging es um die Ölpest im Golf von Mexiko. Die republikanische
Opposition in den USA widmet den Truppenabzug in einen militärischen Erfolg
von Bush um. Dessen Entsendung von zusätzlichen SoldatInnen im Jahr 2007
habe den Abzug jetzt möglich gemacht, meint der Chef der RepublikanerInnen
im Repräsentantenhaus, John Boehner. Obama hingegen, der 2007 gegen die
Truppenaufstockung war, macht den Irak-Krieg dagegen vor allem mit
verantwortlich für die Rezession der USA.
"Wir müssen nun unsere Industrie unterstützen", sagt der Präsident: "wir
müssen neue Jobs schaffen und die Abhängigkeit von ausländischem Öl
beenden." Neun Wochen vor den "Halbzeitwahlen", bei denen ein Teil der
Gouverneurssitze und ein Teil der Sitze in den beiden Kammern des
Kongresses in den USA neu besetzt werden, versucht Obama, mit dieser
wirtschaftlichen Wende des Kriegsendes verlorene Sympathien bei den
WählerInnen zurück zu erobern.
Obama spricht aus seinem Büro im Weißen Haus, das in der Sommerpause frisch
renoviert worden ist. Im Hintergrund hat er Fotos von seiner Familie
aufgestellt. Im Wahlkampf hat er den Irak-Krieg kritisiert und den
Truppen-Abzug versprochen. Doch dann ließ er 19 lange Monate im Amt
verstreichen, während derer er erstens die US-Truppen nicht aus dem Irak
abzog, und zweitens jene in Afghanistan, dem zweiten Krieg der USA, massiv
verstärkte.
An diesem 31. August, als Obama das Ende des Kampfeinsatzes verkündet, hat
sich die politische Konjunktur in seinem Land im Verhältnis zur Zeit seines
Wahlkampfes längst geändert. Zwar befürworten weit über 60 Prozent der
US-Amerikaner den Truppenabzug aus dem Irak. Doch statt der Kriege steht
ein anderes Thema im Vordergrund der Debatte: die Rezession. Die viel
länger anhält, als erwartet.
Bevor er an die Nation tritt, spricht Obama mit seinem Amtsvorgänger. Er
will auch an dieser innenpolitischen Front den Eindruck eines Triumphes
vermeiden. Und würdigt in seiner Ansprache den Mann, der den Krieg
organisiert hat. "Niemand kann an der Unterstützung von Präsident Bush für
unsere Truppen, an seiner Liebe zu unserem Land und an seinem Engagement
für unsere Sicherheit zweifeln", sagt Obama: "Es gab Patrioten, die den
Krieg unterstützt haben und Patrioten, die dagegen waren".
Doch zugleich wiederholt er einen Teil seiner Kritik am Amtsvorgänger. Weil
der Krieg, der einen Staat entwaffnen sollte, stattdessen zu einem Kampf
gegen einen Aufstand wurde. Weil er den Irak in eine innere Zerreißprobe
führte. Und weil die internationalen Beziehungen der USA gelitten haben.
Die Spannungen, zu denen es wegen des Krieges zwischen Washington
einerseits und Berlin und Paris andererseits kam, sowie den Spaltkeil, den
Bush 2003 zwischen das vermeintlich "alte" und "neue Europa" getrieben hat,
erwähnt er nicht.
Hingegen spricht er von den Kosten für die USA. In den zurückliegenden
Kriegsjahren, sind mehr als 1,5 Millionen US-SoldatInnen im Irak gewesen.
Mehr als 4.400 sind ums Leben gekommen. Zigtausende wurden verletzt. Noch
viel mehr leiden an Posttraumatischem Stress, ein Zustand, der jahrelang
nachwirken kann. Präsident Obama nennt eine Zahl als Bilanz: eine Billion
Dollar – so viel habe der Krieg die USA gekostet.
Die Zahl der US-Soldaten, die jetzt noch im Irak sind, ist von 170.000 im
Jahr 2007 auf 50.000 gesunken. Ihre Aufgabe ist es, die irakische Armee zu
"unterstützen". Ende nächsten Jahres will Obama auch sie abziehen – so
jedenfalls die jetzige Planung. Obama weist in seiner Ansprache auch darauf
hin, dass die USA ein Land zurücklassen, dass keine Regierung hat. Und sagt
dennoch über die künftigen Beziehungen zwischen Washington und Bagdad: "Wir
beginnen eine neue Phase zwischen zwei gleichen und souveränen Ländern." Am
1. September wird US-Vizepräsident Joe Biden in Bagdad an einer Zeremonie
zur Übergabe der militärischen Kontrolle an den Irak teilnehmen.
1 Sep 2010
## AUTOREN
Dorothea Hahn
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