# taz.de -- Nur Toyota-Werbung im "Stern": "Anzeigen schalten reicht nicht mehr" | |
> Ein zweistelliger Millionenbetrag für eine "Exklusivbelegung": Der | |
> aktuelle "Stern" hat sich ganz an die Autobauer von Toyota verkauft. Kein | |
> großes Problem, findet man in der Redaktion. | |
Bild: Hat "keinen Einfluss" auf die Unabhängigkeit der Stern-Redaktion: der ja… | |
Die farbige Anzeigen-Doppelseite im Stern kostet für die gerade gültige | |
"Preiszone 2 Sept.-Dez. 2010" schlappe 127.100 Euro. Plus Mehrwertsteuer, | |
versteht sich. So viel hat der japanische Autobauer Toyota natürlich nicht | |
gezahlt für die 13 Doppelseiten in schönster Stern-Optik, die das aktuelle | |
Heft schmücken. Denn es gibt ausschließlich Toyota-Anzeigen im Stern. | |
"Alle Anzeigen dieser Ausgabe sind von Toyota gebucht worden", heißt es | |
unter der Überschrift "Anmerkung der Redaktion" auf der Editorial-Seite in | |
einem Extra-Kästchen. Die Stern-Redaktion "legt Wert auf die Feststellung, | |
dass dies auf ihre Unabhängigkeit bei der Berichterstattung keinen Einfluss | |
hat und auch nicht haben wird". | |
Und so ist auch für die rund 30 weiteren Toyota-Werbeseiten deren | |
tatsächlicher Preis nicht ganz einfach zu ermitteln: Schließlich hatte der | |
Autokonzern schon im März die Branche mit der Mitteilung verstört, künftig | |
fast seinen kompletten Werbeetat für Printmedien beim Hamburger | |
Verlagskonzern Gruner + Jahr (G+J) mit seinen Titeln wie Stern, Brigitte, | |
Geo, Neon, Spiegel-Beteiligung) abzuwerfen. Nur noch | |
Special-Interest-Blätter wie Autotitel und Tageszeitungen sollen neben den | |
G+J-Medien bedient werden. | |
Laut Branchenmagazin Horizont umfasst der Deal einen zweistelligen | |
Millionen-Euro-Betrag - obwohl Toyota in Deutschland seine Werbeausgaben | |
drastisch reduziert hat. Dafür bietet die Vermarktungstochter G+J Media | |
Sales nun bei zwei Stern-Ausgaben pro Jahr die "Exklusivbelegung" an. "Es | |
reicht heute nicht mehr aus, einfach nur Anzeigen zu schalten. Uns geht es | |
darum, mit Partnern nach neuen Lösungen zu suchen, die neuartige Formate | |
hervorbringen", hatte Toyota-Deutschland-Marketingleiter Ingo Kahnt im | |
Frühjahr den Deal begründet. Damals hatten auch andere Medienhäuser wie | |
Springer und Burda um die Toyota-Werbemillion gebuhlt. G + J hatte aber | |
schließlich den Zuschlag bekommen - für ganz besondere Willigkeit: "Es ging | |
nicht um Konditionen, sondern um das Gesamtangebot", sagt Kahnt laut | |
Horizont: "Uns haben die ungewöhnlichen Kooperationsideen und das | |
persönliche Commitment überzeugt." | |
Das lässt sich auch im aktuellen Heft besichtigen: Vor allem die | |
Fotostrecke mit doppelseitigen Naturaufnahmen könnte so auch auf dem Mist | |
der Stern-Fotoredaktion gewachsen oder von den KollegInnen bei Geo | |
konzipiert worden sein. Ein Verweis auf Toyota findet sich hier nicht, | |
sondern eher Naturlyrik Marke: "Pioniergeist: Ungewöhnliche Wege | |
einschlagen. Die beste Basis, um Neues zu entdecken", garniert mit der | |
genauen Position auf der Welt. Und, oben rechts, mit dem kleinen Wörtchen | |
"Anzeige". Das ist zwar gut zu übersehen, tut aber dem Pressekodex | |
vollumfassend Genüge. | |
Dass dem Stern mit dieser neuen Reklameform - beworben wird übrigens der | |
neue Auris Hybrid - sein eigenes Koordinatensystem aus den Fugen geraten | |
ist, findet man in der Hamburger Redaktion weniger. In schlechten Zeiten | |
heiligt eben der Zweck die Mittel, und ganz so schlimm wie der Spiegel sei | |
man ja nun auch wieder nicht. | |
Die liebe Konkurrenz, an der G+J zu einem Viertel beteiligt ist, hatte im | |
April ihren Hausmitteilungs-Platz nebst Spiegel-Optik an Toyota | |
verscherbelt und den eigentlichen Heftbeginn um zwei Seiten verschoben. | |
Statt "Das deutsche Nachrichten-Magazin" stand "Nichts ist unmöglich - | |
Toyota" über dem Fake-Editorial. | |
Und dann sei da ja noch der "Erlkönig"-Beitrag. Tatsache: Im aktuellen Heft | |
berichtet der Stern über die "geheimen Nachfolge-Modelle" deutscher | |
Mittelklassewagen. Auf ganzen zwei Seiten und ohne jede Werbeunterbrechung | |
von Toyota. "Ich fahre erfolgreich Renault - und das seit vielen Jahren", | |
sagt ein Redakteur. | |
9 Sep 2010 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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