# taz.de -- Studie über Selbstständigkeit: Migranten gründen schneller | |
> Der Anteil nicht-deutscher Unternehmer ist fast genauso hoch wie der | |
> deutschstämmiger. Doch sie gehen schneller pleite, weil es an guter | |
> Beratung fehlt. | |
Bild: Kritisiert die mangelnde Unterstützung für Nicht-Deutsche Unternehmer: … | |
BERLIN taz | Thilo Sarrazin ist auch hier allgegenwärtig. Eigentlich | |
stellte Gunilla Fincke vom Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für | |
Integration und Migration am Donnerstag die Ergebnisse einer Studie über | |
die wirtschaftliche Selbstständigkeit von Migranten vor. Doch nahm sie dies | |
gleich zum Anlass, die Thesen des Exfinanzsenators und Nochbundesbankers zu | |
entkräften. | |
Entgegen dem, was Sarrazin schreibe, sei der Anteil der | |
Migrantenunternehmer enorm hoch. Fincke nannte Zahlen: Etwa 12 Prozent der | |
in Deutschland lebenden Ausländer sind selbstständig, ein fast genauso | |
hoher Anteil wie unter Herkunftsdeutschen, der bei 14 Prozent liegt. Bei | |
Neugründungen lägen Menschen mit Migrationshintergrund sogar vorn. | |
Allerdings gehen ihre Firmen auch schneller pleite. | |
Mit der Studie wollte der Sachverständigenrat herausfinden, welches | |
Beratungsangebot UnternehmerInnen mit Migrationshintergrund zur Verfügung | |
steht und wie es genutzt wird. | |
Ein zentrales Ergebnis: Die Hälfte der UnternehmensgründerInnen aus | |
Einwandererfamilien gibt an, bei der Gründung gar keine Schwierigkeiten | |
gehabt zu haben. Diejenigen, die Probleme haben, wurden zumeist nicht | |
professionell und in ihrer Herkunftssprache beraten. Die wohlbekannten | |
Industrie- und Handelskammern richten ihr Angebot kaum auf Selbstständige | |
mit Migrationshintergrund aus. Dagegen sind regionale und | |
migrantenspezifische Beratungsorganisationen den meisten | |
UnternehmensgründerInnen wenig bekannt. "Jeder vierte Unternehmer bleibt | |
bei Schwierigkeiten ohne Unterstützung", bemängelt Thomas Straubhaar, | |
Mitglied des Sachverständigenrats und Direktor des Hamburgischen | |
Weltwirtschaftsinstituts. | |
Jede fünfte UnternehmerIn mit Migrationshintergrund gibt Schwierigkeiten im | |
Umgang mit Behörden an, ein gleich großer Anteil klagt über sprachliche und | |
finanzielle Hürden. | |
Zudem lassen sich 44 Prozent der Neugründer wenig Zeit. Im Durchschnitt | |
vergehen nur drei Monate von der Idee zum eigenen Unternehmen, was | |
Startschwierigkeiten mit sich bringt. | |
Die Industrie- und Handelskammer räumt zwar Handlungsbedarf ein: "Daraus | |
ergibt sich für uns aber nicht immer gleich, dass wir dafür zuständig sein | |
dürfen", sagt Volker Treier, zuständig für Wirtschaft und Mittelstand. Die | |
Studie zeige, dass sich Migranten bei Problemen vor allem von | |
Steuerberatern betreuen lassen. "Wir dürfen da nicht von vornherein einen | |
Markt vernichten", sagt Treier. Der Sachverständigenrat fordert, die IHK | |
solle eine "Lotsenfunktion" einnehmen und ExistenzgründerInnen an | |
spezifische Beratungsangebote für Migranten weitervermitteln. | |
Obwohl erfolgreich als Selbstständige sind Migranten im Staatsdienst mit | |
nur einem Prozent sehr schwach vertreten, wie der integrationspolitische | |
Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion Memet Kilic gestern kritisierte. Er | |
fordert daher eine Einstellungsquote. | |
9 Sep 2010 | |
## AUTOREN | |
Karin Schädler | |
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