# taz.de -- Elektrofahrräder als Alternative: Rückenwind für Radler | |
> Der Markt für Elektrofahrräder als Alternative zum Auto wächst rasant, da | |
> viele beim Radeln nicht schwitzen wollen. Nur das Parken ist noch | |
> problematisch. | |
Bild: Geht auch retro und sauteuer: Ein E-Bike für knapp 60.000 Euro. | |
Es soll die Zukunft sein, nicht nur für Omas: das Elektrofahrrad. Es soll | |
nämlich nicht nur das Fahrradfahren, sondern auch den gesamten Stadtverkehr | |
grundlegend verändern. Zumindest wenn man den Vertretern von | |
Fahrradverbänden und Zweiradexperten Glauben schenkt. "Es fühlt sich an wie | |
eingebauter Rückenwind", sagt Gunnar Fehlau, Geschäftsführer eines | |
Fahrrad-Magazins und Zweirad-Lobbyist. "Das E-Bike wird den Fahrradmarkt | |
umwälzen." | |
Noch aber sind Elektrofahrräder eine Ausnahmeerscheinung im Straßenverkehr. | |
Derzeit fahren etwa 400.000 bis 500.000 elektrisch unterstützte Fahrräder | |
durch Deutschland. Tendenz stark steigend. Zum Vergleich: Rund 70 Millionen | |
normale Fahrräder gibt es derzeit in Deutschland. | |
Pedelecs, Powerbikes oder E-Bikes werden Elektrofahrräder auch genannt. Auf | |
den ersten Blick ist meist kein Unterschied zu normalen Fahrrädern | |
festzustellen. Motor und Akku sind gut versteckt. Aber die Räder sind | |
deutlich schwerer, zwischen 15 bis 25 Kilo wiegt ein Elektrofahrrad. Es | |
gibt sie mit einer Leistung von 250 oder 500 Watt, je nachdem, ob man eine | |
Geschwindigkeit von 25 bis 45 Kilometer pro Stunde erreichen will. | |
Der Großteil der Elektro-Fahrräder, die schon auf den Straßen unterwegs | |
sind, fahren laut Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) jedoch nicht schneller | |
als 25 Kilometer pro Stunde. Energie spendet ein Lithium-Ionen-Akku, der | |
meist unter dem Gepäckträger oder am Fahrradrahmen angebracht ist und den | |
Radfahrer etwa 50 Kilometer weit bringt. Der Unterschied zum Moped: Der | |
Motor unterstützt nur; er springt nur dann an, wenn in die Pedale getreten | |
wird. Die Stärke der Unterstützung lässt sich individuell einstellen. | |
In Deutschland wächst der Markt stark. Wurden 2007 noch 70.000 Stück | |
verkauft, rechnen Experten für 2010 mit 200.000 abgesetzten | |
Elektrofahrrädern. Allein im letzten Jahr ist die Verkaufszahl im | |
Vorjahresvergleich um 36 Prozent angestiegen. Dennoch ist der Anteil der | |
Elektroräder am gesamten Fahrradmarkt nicht sehr hoch. 2009 lag er bei vier | |
Prozent. | |
Der starke Zuwachs der vergangenen Jahre ist jedoch nicht verwunderlich, | |
denn die Elektrofahrrad-Branche ist noch jung. Technische Hürden, wie die | |
ausreichende Kapazität der empfindlichen Akkus, mussten erst überwunden | |
werden. "Der Lithium-Ionen-Akku hat alles verändert", sagt Fehlau. Wie | |
Handys werde sich das Elektrofahrrad durchsetzen. | |
Auf einer Strecke von 50 Kilometern liegt der elektrische Energieverbrauch | |
laut Verkehrsclub Deutschland (VCD) bei etwa 0,5 Kilowattstunden. Bei einem | |
Strompreis von 20 Cent pro Kilowattstunde sind das 10 Cent auf 50 | |
Kilometer. | |
Die Grünen sehen noch Potenzial beim Elektrofahrrad. "Das ist bei weitem | |
noch nicht ausgeschöpft", sagt Winfried Hermann, Vorsitzender des | |
Verkehrsausschusses des Bundestages. "Mehr Menschen sollen das Fahrrad | |
regelmäßig benutzen, auch wenn sie nicht schwitzend zur Arbeit kommen | |
können." Eine Befragung des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) hat ergeben, | |
dass knapp 67 Prozent der Fahrradmuffel das Fahrrad bisher als | |
Verkehrsmittel meiden, weil sie nicht verschwitzt am Ziel ankommen wollen. | |
Denen hilft das Elektrorad: Denn Steigungen und Berge sind damit kein | |
großes Hindernis mehr. Auch beim Transport von Einkäufen oder von Kindern | |
machen die Batterien das Fahrrad attraktiver. | |
Doch es gibt auch Nachteile: Bisher halten viele Kunden die hohen Preise | |
ab. Zwischen 2.000 und 3.000 Euro kostet ein gutes Elektrofahrrad. Viele | |
Käufer sind nicht bereit, so viel Geld für ein Fahrrad auszugeben. Der | |
durchschnittliche Verkaufspreis für normale Fahrräder in Deutschland liegt | |
laut ZIV bei rund 446 Euro. | |
Ein besonderes Problem sind deshalb mögliche Diebstähle. Bisher fehlen | |
Möglichkeiten, das Elektrofahrrad in der Stadt sicher abzustellen. | |
"Stellplätze sind ein Elend", findet Hermann. Und die Dekra warnt davor, | |
dass die Akkus bei Unfällen explodieren könnten. "Es muss verbindliche | |
Bauvorschriften geben", fordert deshalb André Skupin von der Dekra. | |
Selbst wenn diese Probleme gelöst sind, eines lässt sich auch durch | |
Elektroräder nicht ändern: Wenn es regnet, wird man nass. Und wenn es kalt | |
ist, friert man. Manch einer steigt dann lieber in Bahn, Bus oder Auto. | |
22 Sep 2010 | |
## AUTOREN | |
Simon Hufeisen | |
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