# taz.de -- Studie über NPD in Sachsen-Anhalt: Inszenierte Provokationen | |
> Die NPD in Sachsen-Anhalt bemüht sich wenig, als seriöse politische Kraft | |
> aufzutreten, so eine Studie. Trotzdem scheint sie kurz vor dem Einzug in | |
> den Landtag zu stehen. | |
Bild: Lieber provozieren als politisch arbeiten: Neonazis in Sachsen-Anhalt. | |
Die NPD in Sachsen-Anhalt macht Wahlkampf via Internet. "Weil wir | |
Deutschland lieben – NPD" wirbt der Landesverband auf der Website um | |
Stimmen. Der schlichte Slogan scheint anzukommen. Knapp sechs Monate vor | |
der Landtagswahl am 20. März 2011 können sich laut einer Emnid-Umfrage | |
knapp vier Prozent der Befragten vorstellen, ihr Kreuzchen bei der rechten | |
Partei zu machen. | |
Gern betont die NPD, dass diese Zusprüche ihrer kommunalpolitischen Arbeit | |
geschuldet seien. Auf der Website wird deshalb mit der "Kommunalpolitik nah | |
am Volk" geworben. Eine Studie zur Kommunalpolitik der NPD von Roland Roth, | |
Pascal Begrich und Thomas Weber offenbart allerdings mehr Schein als Sein. | |
"Im Gegensatz zu den Untersuchungen aus anderen Bundesländern sind bei den | |
rechtsextremen Mandatsträgern in Sachsen-Anhalt keine Bemühungen erkennbar, | |
Anerkennung als 'normale' politische Kraft zu bekommen", sagt Roth, | |
Professor für Politikwissenschaft an der Hochschule Magdeburg-Stendal. | |
Diese Ausrichtung habe aber die NPD-Bundesführung empfohlen, um mehr | |
Wählerschichten anzusprechen. | |
"Wenn wir unsere Politik für Deutsche fest verankern wollen, müssen wir in | |
den Gemeinden damit beginnen […]. Das nationale politische Fundament muss | |
in den Kommunen aufgebaut werden […], denn hier können wir dem Wähler | |
zeigen, dass die NPD keine Briefkastenpartei ist, sondern von Menschen | |
repräsentiert wird, die sich mit ihrer ganzen Persönlichkeit für die | |
Interessen der deutschen Bürger einsetzen" wird der NPD-Bundesvorsitzende | |
Udo Voigt nicht müde zu betonen. In der NPD-Zeitung Deutsche Stimme führte | |
der Trier NPD-Stadtrat Stefan Babic nicht minder deutlich aus: "Die Erfolge | |
von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern haben gezeigt, dass eine kommunale | |
Verankerung unerlässlich für den Erfolg auf Landesebene ist". | |
In Sachsen-Anhalt sitzen 29 Funktionäre für die Partei in sechs Kreistagen | |
sowie in 18 Stadt- und Gemeinderäten. Schon 2007 konnten 13 rechtsextreme | |
Politiker in sieben Kreistagen Platz nehmen. "Der Einzug war für uns | |
Anlass, die parlamentarische Arbeit der NPD zu untersuchen", erklärt Bernd | |
Lüdkemeier, Direktor der Landeszentrale für politische Bildung | |
Sachsen-Anhalt. Gemeinsam mit der Hochschule hat die Landeszentrale das | |
Forschungsprojekt, das in drei ausgewählten Kreisen von Juli 2007 bis | |
Dezember 2009 lief, getragen. | |
In den Kreistagen im Harzkreis und Burgenlandkreis, stellten Roth, Begrich | |
und Weber fest, nutzen NPD-Abgeordnete wie Michael Schäfer oder Lutz Battke | |
das Forum für Diffamierungen. So beschimpfte Schäfer einen | |
Kommunalpolitiker der Grünen während einer Sitzung als "selbst ernannten | |
Kopf einer Gesinnungsmafia". Battke trug im Kreistag ein T-Shirt mit der | |
Aufschrift "Mein Freund ist Ausländer" und dem Bild des iranischen | |
Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad. | |
Provokationen, die bewusst für die Szene inszeniert werden, sagt Weber. Die | |
NPD versuche bei ihrer parlamentarischen Arbeit immer den Spagat, | |
einerseits die Szene selbst anzusprechen und zugleich neue Wähler zu | |
gewinnen. Begrich betont, dass trotz der "Fundamentalopposition" im | |
Burgenlandkreis und Harzkreis, sich die NPD als "lebendige politische | |
Kraft" inszeniere und "keine Ein-Thema-Partei" sei. | |
Die Auswertungen der Anfragen und Anträge zeigen eine Schwerpunktsetzung | |
auf die Politikfelder Umwelt, Arbeit und Soziales. Auch wenn der | |
Landesverband nicht versucht sich als "normale Partei" zu präsentieren, gar | |
aggressiv auftritt, so die Autoren, geriert sie sich doch als "Vertreterin | |
der 'kleinen Leute'". Alleine im Salzlandkreis ist die NPD vollkommen | |
inaktiv. | |
"Durch ihre kommunalpolitische Parlamentsarbeit gelang es der NPD nicht, | |
die kommunale Verankerung auszubauen", hebt Weber aber hervor. Mit Blick | |
auf die Landtagswahl betont er: "In Sachsen-Anhalt konnte sich kein | |
Kandidat vor Ort stärker als 'seriös' verankern – anders als in Sachsen". | |
Die Autoren der Studie warnen dennoch, denn die "NPD will insbesondere die | |
stetig wachsende Gruppe der Nichtwähler ansprechen". Ein weiteres Problem | |
sieht Weber darin, dass "in Sachsen-Anhalt die Wählerbindung nicht so groß | |
ist". 1998 zog die DVU mit 12,8 Prozent in den Landtag. Der | |
NPD-Bundesvorsitzende Voigt versprach deshalb, die Kräfte auf die | |
Landtagswahl in Sachsen-Anhalt zu konzentrieren. | |
24 Sep 2010 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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