# taz.de -- Kommentar Sozialproteste: Mal auf den Tisch hauen! | |
> Nach dem Frust mit der Sozialdemokratie unter Gerhard Schröder blickten | |
> die Gewerkschaften zunächst durchaus milde gestimmt auf dessen | |
> Nachfolgerin Merkel. Eine Falle. | |
So sympathisch man die Globalisierungsgegner von Attac auch finden mag: | |
Wenn es in ganz Europa um soziale Kämpfe und Verteilungsfragen geht, dann | |
kann es in Deutschland nicht die Aufgabe einiger übrig gebliebener | |
Aktivisten sein, die Fahne hochzuhalten. Dafür gibt es bessere | |
Ansprechpartner. Etwa die über sechs Millionen Arbeitnehmer, die in | |
Deutschland organisiert sind, und deren Vertretungen. | |
Mit den Regierungsplänen, durch die Hintertür eine Kopfpauschale | |
einzuführen und damit faktisch aus der paritätischen Beitragszahlung | |
auszusteigen, und vor dem Hintergrund der öffentlichen Rentendebatte sowie | |
der lächerlichen Erhöhungen der Hartz-IV-Sätze stünden die Chancen für eine | |
gewerkschaftliche Mobilisierung eigentlich gut. | |
Doch die Bosse der ArbeitnehmerInnen sind in eine Falle getappt: Nach dem | |
Frust mit der Sozialdemokratie unter Gerhard Schröder blickten sie zunächst | |
durchaus milde gestimmt auf dessen Nachfolgerin Angela Merkel. Als | |
freundlicher Lohn wurden mit Merkels Sparprogramm vor allem die | |
Arbeitslosen geschröpft - Pendlerpauschale und Feiertagszuschläge dagegen | |
blieben erhalten. | |
Folgt man dieser sozialpartnerschaftlichen Logik, so ist den Gewerkschaften | |
zu raten, weiter verhältnismäßig still zu stehen. Die Kehrseite dessen ist | |
aber: Genau diese Strategie ermöglicht es Angela Merkel, einen Keil | |
zwischen die sozialen Interessen der Arbeitnehmer und die existenziellen | |
Interessen der Arbeitslosen zu treiben. Wollen die deutschen Gewerkschaften | |
nicht weiter an gesellschaftlicher Relevanz einbüßen, dann müssen sie die | |
soziale Frage - auch in ihren Reihen - endlich offensiv stellen. Das geht | |
aber nicht am Schürzenzipfel der Kanzlerin. Besser wäre es, mal kräftig auf | |
den Tisch zu hauen. | |
29 Sep 2010 | |
## AUTOREN | |
Martin Kaul | |
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