# taz.de -- Bergbauverbot im Osten Kongos: Die Militärs profitieren | |
> Offiziell ist der Bergbau im Osten des Kongos verboten. Die zivilen | |
> Stellen sind weg, dafür ist die Armee jetzt da. Zumeist illegal betreiben | |
> Offiziere die Minen weiter. | |
Bild: Soldaten haben die Kontrolle in der kongolesischen Bergbauregion übernom… | |
GOMA taz | 15 kongolesische Bergleute sind in der Nacht zum Mittwoch bei | |
einem Erdrutsch in einer Zinnerzgrube ums Leben gekommen. Die Nachricht aus | |
einer der vielen Minen im Bergbaugebiet Bisie im ostkongolesischen | |
Urwalddistrikt Walikale wäre nicht weiter auffällig, wenn die Minen von | |
Bisie nicht offiziell längst geschlossen wären. | |
Aber diese Grube wird, wie zivilgesellschaftliche Gruppen berichten, von | |
einem Armeeoberst weiterbetrieben. Statt die Grube zu schließen und die | |
Schürfer hinauszuwerfen, hat er sie demnach in Armeeuniformen gesteckt und | |
für sich selbst weiterarbeiten lassen. | |
Am 11. September hatte Kongos Präsident Joseph Kabila sämtliche | |
Bergbauaktivitäten im kriegsgeschüttelten Osten der Demokratischen Republik | |
Kongo verboten. Die Begründung: Bekämpfung des Schmuggels und Sanierung der | |
Mineralienwirtschaft. | |
In Wirklichkeit bewirkt das Verbot nur, die Kontrolle über den lukrativen | |
Mineralienhandel in den Händen hoher Generäle zu konzentrieren. Das ist die | |
Erkenntnis von Behördenvertretern aus dem Distrikt Walikale, die sich jetzt | |
mangels Arbeit in der Provinzhauptstadt Goma befinden. | |
Während die staatlichen Dienste pflichtgemäß sämtliche Beamten aus den | |
Minen abgezogen haben, rücken Soldaten ein und organisieren die Förderung | |
illegal weiter, zum privaten Profit. "Die zivilen Geschäftsleute weichen | |
den militärischen", meint ein Behördenvertreter. | |
In diesem Zusammenhang erscheint auch die Entsendung tausender | |
Regierungssoldaten in den Distrikt Walikale in einem anderen Licht. | |
Offiziell sollten sie die Bergwerke schließen und dann irreguläre Milizen | |
bekämpfen. Tatsächlich nutzen sie die Situation, um sich selbst zu | |
bedienen. | |
So soll die Armee Schürfer aus einer der Zinnminen von Bisie in die | |
Goldmine Umate umdirigiert haben, die von der mit Armeechef Tango Fort | |
liierten Bergbaufirma Geminaco betrieben wird - selbstverständlich illegal. | |
Seit langem ist bekannt, dass hohe Generäle in der ostkongolesischen | |
Provinz Nord-Kivu einige Zinnminen direkt kontrollieren und auch durch | |
illegale Besteuerung der nicht von ihnen kontrollierten Bergwerke viel Geld | |
verdienen. Neu ist, dass sie jetzt praktisch die Einzigen im Geschäft sind. | |
Zinn ist der wichtigste Devisenbringer Nord-Kivus. | |
Die Militäroperation in Walikale geht auch mit schweren Verletzungen der | |
Menschenrechte einher, wird aus der Region berichtet. "Die Militärs | |
schießen auf alles, was sich bewegt; sie verwechseln die Dörfer mit | |
Bergwerkssiedlungen und eröffnen das Feuer auf die Leute", erzählt ein | |
zivilgesellschaftlicher Aktivist. | |
"In den Erklärungen zur Schließung der Bergwerke war verkündet worden, die | |
Leute sollten die Wälder verlassen und sich an den Straßen versammeln. Es | |
gibt bei uns aber nur einzige Straße, und manche Leute leben hunderte von | |
Kilometern davon entfernt! Jetzt schießen die Soldaten auf die Leute mitten | |
im Wald. Wir haben Berichte über Massaker." | |
In Reaktion darauf werden auch die lokalen Milizen aktiver, die sich mit | |
der Armee um die Kontrolle der Bergwerke streiten. Ruandische Hutu-Milizen | |
der teils von Tätern des ruandischen Völkermords geführten FDLR | |
(Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) plünderten vor wenigen Tagen | |
einen Vorort der Distrikthauptstadt Walikale. | |
Und die ehemalige Tutsi-geführte kongolesische Rebellenbewegung CNDP | |
(Nationalkongress zur Verteidigung des Volkes), deren einstiger Führer | |
Laurent Nkunda in Ruanda unter Hausarrest steht, drohte in einer am | |
Dienstag verbreiteten Erklärung einiger ihrer Generäle mehr oder weniger | |
offen damit, wieder zu den Waffen zu greifen. | |
1 Oct 2010 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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