# taz.de -- Elektronischer Bankraub per Handy: "Zeus" zockt weiter ab | |
> Der Datenschädling "Zeus" räumte in Europa Millionen von | |
> Online-Banking-Konten ab. Jetzt sind erste Verantwortliche verhaftet. | |
> Doch die Abzocke geht weiter - sogar per Handy. | |
Bild: Angeblich sicher: Transaktionsnummern per Handy. | |
Es dürfte das bislang größte Verfahren gegen Online-Gauner werden, die mit | |
Hilfe von Schädlingsprogrammen Online-Banking-Konten unvorsichtiger Nutzer | |
ausraubten: In Großbritannien und den USA sind mehr als 100 Menschen | |
angeklagt, die zu einem internationalen Internet-Bankräuberring gehören | |
sollen. Allein in den USA sollen dabei rund drei Millionen Dollar | |
eingenommen worden sein, in Großbritannien noch einmal zehn Millionen - die | |
Summe könnte aber noch steigen. Mindestens 20 Personen sitzen in Haft. | |
Noch ist allerdings unklar, ob wirklich auch Hintermänner gefasst werden | |
konnten. So sind die in den USA festgenommenen Personen vor allem | |
sogenannte "Mules", "Geldagenten", die im Auftrag ihnen unbekannter Dritter | |
Geld von ausgeraubten Opfern entgegennahmen und es weiterleiteten - | |
offenbar vor allem nach Osteuropa. | |
Dafür erhielten sie dann einen Prozentanteil der Beute, ließen sich durch | |
die Polizei aber auch leicht ermitteln. Sie sollen unter anderem durch | |
Anzeigen in russischen Zeitungen angeworben worden sein. | |
Der bei den virtuellen Raubzügen eingesetzte Datenschädling, genannt | |
"Zeus", kursiert seit mindestens Frühjahr 2010. Er kam unter anderem per | |
Spam-E-Mail auf die Festplatte Betroffener, und nutzte bis vor kurzem | |
Windows-Sicherheitslücken aus. | |
Zeus wird über ein sogenanntes Botnetz zusammengehalten: Angegriffen werden | |
nicht nur einzelne Rechner, sondern gleich viele Hundert, die dann zentral | |
gesteuert werden können, um möglichst viele weitere Rechner zu | |
infiltrieren. | |
Während in den USA und Großbritannien die Ermittlungsbehörden versuchen, | |
das Netz der gut organisierten Online-Bankräuber zu durchschauen, geht die | |
Abzocke allerdings unverdrossen weiter. | |
Varianten von Zeus kursieren nämlich immer noch, wobei unklar ist, wer sie | |
kontrolliert. Bekannt ist nur, dass immer neue Versionen auftauchen, die | |
zudem ständig anpassungsfähiger und "schlauer" werden. | |
Der bislang wohl heimtückischste Zeus-Spross nistet sich auf Smartphones | |
ein. Wie das IT-Sicherheitsunternehmen S21Sec in dieser Woche bekannt gab, | |
hat es eine Version isoliert, die geschickt den PC-Schädling mit | |
Handy-Malware kombiniert. | |
Zeus öffnet dazu auf befallenen Rechnern ein Fenster und fordert den | |
Benutzer auf, sein Mobiltelefon als "neues Sicherheitsmerkmal" anzugeben. | |
Dort kann er dann sowohl Gerätemarke als auch Telefonnummer eingeben. | |
"Unterstützt" werden derzeit einige Blackberry-Modelle und Handys mit | |
Symbian-Betriebssystem, das vor allem von Nokia genutzt wird. Hat das Opfer | |
seine Daten eingegeben, erhält es eine SMS mit einem angeblichen | |
Sicherheitsupdate, manchmal wird auch ein "Nokia Update" angekündigt. | |
Klickt man auf den in der SMS enthaltenen Link, wird dann eine | |
Handy-Version von Zeus heruntergeladen, die S21Sec "Zitmo" (für "Zeus | |
Man-in-the-Mobile") getauft hat. | |
Einmal auf dem Gerät, belauscht Zitmo den Ein- und Ausgang von SMS. Selbige | |
werden mittlerweile bei zahlreichen Banken nämlich für so genannte "mTANs" | |
verwendet, mobile Transaktionsnummern, die man zur Bestätigung von | |
Online-Banking-Überweisungen eingeben muss. | |
Da sie über das Handy versendet werden und damit einen zweiten, vom PC | |
unabhängigen Kanal verwenden, gelten mTANs als Sicherheitsgewinn. | |
Allerdings hört Zitmo genau die nun ab und sendet sie zu seinen Urhebern, | |
die dann das Konto abräumen können. | |
Unschönerweise besaß Zitmo bis vor kurzem sogar ein gültiges | |
Entwickler-Sicherheitszertifikat, das dafür sorgte, dass auf Nokia-Handys | |
bei der Installation keine Fehlermeldung auftrat, wie sie sonst bei Codes | |
zwielichtigen Ursprungs auftaucht. Immerhin wurde das Zertifikat | |
mittlerweile zurückgezogen, so dass ahnungslose Nutzer zumindest einmal | |
gewarnt werden. Allerdings sind viele Smartphone-Besitzer gewohnt, solche | |
Hinweise einfach wegzudrücken. | |
Die Attacke durch Zitmo zeigt, dass man mittlerweile auch auf Handys, die | |
längst kleine Computer sind, höllisch aufpassen muss, was man installiert. | |
Leichtgläubigkeit, so meinen auch die Sicherheitsforscher von S21Sec, sei | |
da völlig fehl am Platze. | |
1 Oct 2010 | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
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