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# taz.de -- Kommentar "Stuttgart 21"-Proteste: Schwarz-gelber Kontrollverlust
> Der Umgang der "Stuttgart 21"-Befürworter mit dem Polizeieinsatz zeigt,
> dass das schwarz-gelbe Lager in Sachen Staatsbürgerkunde noch tief im 20.
> Jahrhundert steckt.
Ist es möglich, dass die politische Führungskaste tatsächlich nicht weiß,
dass das Internet auch für sie hier in Deutschland gefährlich werden kann?
Das ist nicht nur möglich, es ist der Fall. Rund zwanzig Stunden nachdem
die Videos über den brutalen Einsatz der Polizei gegen die Gegner von
"Stuttgart 21" übers Netz liefen und von Hunderttausenden von Menschen
geklickt worden waren, meldet sich der Stuttgarter Polizeisprecher zu Wort
und beschuldigt die Demonstranten der Gewalttätigkeit. Indessen
dokumentieren die Bilder und Videos rohe Polizeigewalt.
Natürlich kann, wer die Kontrolle über die Bilder verloren hat, keine
Definitionshoheit über Ereignisse reklamieren. Eine Binsenweisheit. Doch
unverdrossen fahren die Entscheider Kriminalisierungsstrategien, die einst
in Mutlangen, Wackersdorf oder Gorleben erfolgreich waren. Damals konnte
die Staatsmacht alles auf Eskalation setzten, um genau diese anschließend
zur Freude der bürgerlichen Mitte den "Chaoten" anzulasten. Aber meine
Güte, das ist 20, 30, 40 Jahre her. Wo leben die Politiker und ihre
Helfershelfer denn?
Stuttgart zeigt, dass die schwarz-gelbe Regierung lokal wie bundesweit in
Sachen Staatsbürgerkunde noch tief im 20. Jahrhundert steckt: Wer nicht
spurt, wird bei Bedarf aus dem Weg geräumt. Partizipation ist nicht
vorgesehen. Widerworte auch nicht. Dieses dumpf autoritäre Menschenbild
steht quer zu einer Republik, die mittlerweile ihre IngenieurInnen in
Kommunikationsseminare schickt, um ihre Effektivität zu erhöhen. Zu Recht.
Denn man bedenke den Kräfteverschleiß der Verantwortlichen allein in den
letzten Wochen. Diese dürfte die leistungsorientierte, protestantische
BürgerIn daran zweifeln lassen, ob die konservativ-liberale Union
tatsächlich für Fortschritt steht und ob sie ihnen ihr Geld für ein solches
Projekt wie die Realisierung eines unterirdischen Bahnhofs ruhigen
Gewissens anvertrauen kann. Wer wollte dieser Skepsis widersprechen?
3 Oct 2010
## AUTOREN
Ines Kappert
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