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# taz.de -- Kinofilm über Facebook: Lass uns doch Freunde sein!
> Im Stile einer College-Komödie dreht David Fincher den Film "The Social
> Network". Facebook-Gründer Mark Zuckerberg wird dabei als grenzwertig
> empathielos dargestellt.
Bild: Immer vor dem Rechner: Filmszene aus "The Social Network".
"Lass uns einfach Freunde bleiben." Dass der tödlichste Stich unter allen
Sätzen, der aufkeimenden oder schon wieder verblühenden romantischen
Beziehungen ein Ende bereitet, am Anfang von "The Social Network" gerade
nicht fällt, überrascht zunächst beinahe: Im rasanten Dialogtempo geht da
in einer Studentenbar die Beziehung zwischen Mark Zuckerberg (Jesse
Eisenberg) und Erica Albright (Rooney Mara) in die Brüche.
Ericas mangelndes Interesse an einer Freundschaft mit Mark wird rasch
einsichtig: Der junge Hacker, Harvardstudent im Slackeroutfit, ist eitel,
taktlos, anmaßend und sich dessen in seinem sozialen Solipsismus noch nicht
einmal bewusst.
Eisenberg, neben Michael Cera derzeit das männliche Gesicht von
"Indiewood", der zuletzt in "Adventureland" und "Zombieland" sein Profil
als leicht nerdiger, aber softer Junge mit Herz aus Gold konturierte, legt
Zuckerberg wie eine Art dunkler Zwillingsbruder seines Images an:
intelligent, schlagkräftig, aber im Umgang mit der Umwelt grenzwertig
empathielos.
Wenn es nach "The Social Network" geht, birgt die vergeigte Beziehung die
Keimzelle für die erfolgreichste Dotcomsaga der letzten sechs Jahre:
Zuckerberg rächt sich an Erica erst in seinem Blog, dann mit "Facemesh",
einem Onlineportal zur Beurteilung der Attraktivität von Kommilitoninnen,
das im Nu Harvards Serverpark lahmlegt. Schließlich gründet er "The
Facebook", wo sich alles um das dreht, was Erica Mark vorenthält:
Freundschaft. Der Rest ist jüngste Geschichte, Mark Zuckerberg heute
Milliardär.
Doch für das Internet, für Facebook, für die sozialen und kulturellen
Implikationen von Web 2.0 interessiert sich "The Social Network" kaum. Dass
Drehbuchautor Aaron Sorkin vom Netz nicht recht viel versteht, gibt er sehr
freimütig zu Protokoll. Die sachte Ironie des Filmtitels besteht gerade
darin, dass er nicht Zuckerbergs Onlineportal, sondern das Geschehen rund
um den Campus und dem kalifornischen Silicon Valley bezeichnet.
Komplikationen der Liebe
Komplizierte Liebesgeschichten, Sex auf dem Klo, zwischen alten Socken und
Pizzaschachteln ausgeheckte Ideen, Eifersüchteleien, Drogenexzess und
dramatischer Freundschaftsbruch - ein Sittengemälde des Mikrokosmos an der
US-Eliteuniversität, das sich im emotionalen Auf und Ab deutlich am Vorbild
der Collegefilme von John Hughes orientiert. Der hatte mit "Der
Frühstücksclub" und "Ferris macht blau" der US-amerikanischen Adoleszenz in
den Achtzigern ein Denkmal und zugleich die wichtigsten Referenzpunkte
gesetzt.
Doch der emotionale Aufruhr am Schulhof, bei Hughes in den Achtzigern noch
bloße rite de passage an der Schwelle zum Erwachsenwerden, wird in Harvard
plötzlich zur Sache des Wie und Weiter der weiteren, mutmaßlich
millionenträchtigen Existenz. Als sich der Erfolg von "The Facebook"
abzeichnet, steht Zuckerberg in gleich zwei Prozessen vor Gericht: Das
Bruderpaar Winklevoss bezichtigt ihn des Ideenklaus, der bald aus der Firma
geekelte Mitgründer und Unifreund Eduardo Saverin (Andrew Garfield) pocht
auf zusätzliche Anteile.
Klärung vor Gericht
Dass die Geschichte vom Mann, der mit der Virtualisierung von
Freundschaften reich wird, seine Freund- und Feindschaften aber in mehreren
Gerichtsverhandlungen klären muss, einen fast überlangen Film trägt, ist
dabei kaum David Finchers Verdienst. Der einstige Kultregisseur ("Fight
Club"), der sich zuletzt mit "Benjamin Button" dem sentimentalen
Pralinenschachtelkino zugewandt hatte, ist allenfalls in der Textur
anwesend. Es sind Aaron Sorkins auf Rasanz und Takt geschliffene Dialoge
und dessen meisterlich komponierte, den Film im ständigen Bezug auf die
Gerichtsverhandlungen strukturierenden Vor- und Rückblenden, die aus "The
Social Network" einen zumindest atemlos unterhaltsamen Film machen.
Problematisch bleibt dabei allein die süße verführerische Kraft von Sorkins
Handwerkskunst, die sich maßgeblich auf Bill Merzrichs Buch "The Accidental
Billionaires" stützt. Dieses wiederum entstand in Zusammenarbeit mit
Eduardo Saverin, eine entsprechende Einfärbung des Films ist kaum von der
Hand zu weisen: Während die Brüder Winklevoss als begossene Upperclasspudel
ein eher lächerliches Bild abgeben, ist es doch vor allem Saverin, dem als
Opfer eines wenn schon nicht bösartigen, so doch sozial völlig unfähigen
Geschäftspartners Sympathien zugeschoben werden.
Der echte Mark Zuckerberg geht deutlich auf Distanz zu dem Film: alles
Fiktion! Der Mark Zuckerberg aus dem Film indessen klickt, nachdem er ein
Internetimperium aufgebaut und fast wieder verloren hat, vereinsamt im Büro
Erica Albrights Namen an: Lass uns doch Freunde sein!
"The Social Network". Regie: David Fincher. Mit Jesse Eisenberg, Rooney
Mara u. a. USA 2010, 121 Min.
4 Oct 2010
## AUTOREN
Thomas Groh
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