# taz.de -- CDU-Politiker über Islam: "Der Stammtisch ist keine Lösung" | |
> Volksparteien dürfen sich nicht vom Populismus leiten lassen, sagt der | |
> CDU-Politiker Ruprecht Polenz. Er empfiehlt der Union eine offene | |
> Debatte. | |
Bild: Polenz: "Deutschland will ein Integrationsland sein" | |
taz: Herr Polenz, gehört der Islam zu Deutschland, wie es Bundespräsident | |
Wulff sagt? | |
Ruprecht Polenz: Ja. Er hat deutlich gemacht, dass unser Grundgesetz auf | |
dem jüdisch-christlichen Menschenbild beruht. Und er hat gesagt, dass heute | |
auch der Islam zu Deutschland gehört. Das ist selbstverständlich bei vier | |
Millionen in Deutschland lebenden Muslimen. | |
Warum sorgen die Äußerungen in der Union für so viel Wirbel? | |
Manche haben etwas hineingelesen, was der Bundespräsident nicht gesagt hat. | |
Er hat eben nicht gesagt, dass Deutschland genauso muslimische wie | |
christlich-judäische Wurzeln habe. Offensichtlich wirkt das Gift der | |
Sarrazin-Debatte nach. | |
Die CSU war am lautesten. Eine Art konservative Profilierung? | |
Ich bin besorgt darüber, wenn eine Rede des Bundespräsidenten in gleicher | |
Weise kritisiert wird wie die eines anderen Politikers. Konservative sollte | |
es auszeichnen, dass sie in besonderer Weise Respekt vor dem Amt des | |
Staatsoberhaupts haben. | |
Die Basis will die harte Linie. | |
Es gibt in Deutschland ein außerordentlich negatives Bild vom Islam. Die | |
Gefahr ist, dass wir ihn wahrnehmen, wie islamistische Fundamentalisten ihn | |
gerne hätten. Aber Bin Laden und die Seinen pervertieren den Islam. Sie | |
haben kein Erklärungsmonopol. Das müssen wir klarmachen. | |
Wie soll die Union mit dem Unmut an der Basis umgehen? | |
Wir müssen über die Sorgen offen sprechen. Über nicht geglückte | |
Integration, fehlende Bildungsangebote und Pflichten, bestehende Angebote | |
anzunehmen. Wir dürfen auch nie das Gefühl zulassen, dass in Deutschland | |
darüber nicht offen gesprochen werden dürfte. | |
Die SPD hat eine ähnliche Debatte erlebt. Verlieren Parteien die | |
Stammtische? | |
Wir Volksparteien müssen zur Mitte hin integrieren. Sich am Stammtisch | |
niederzulassen und dort zu bleiben ist keine Lösung. | |
Sehen Sie die Gefahr einer neuen Partei rechts von der Union? | |
Die Gefahr islamophober, populistischer Parteien besteht in Deutschland und | |
Europa. Dem begegnet man nicht, indem man deren Rhetorik annimmt. Wir | |
müssen offene Fragen in bester aufklärender Manier im Sinne von Toleranz, | |
Common Sense und Gemeinwohl beantworten. | |
Hat die Union dabei ein Defizit? | |
Wir hatten. Der Satz "Deutschland ist kein Einwanderungsland" hat das | |
Denken in der Union lange blockiert. Jetzt sagen wir "Deutschland will ein | |
Integrationsland sein". Damit stellen wir uns der Herausforderung aktiver. | |
Wir sind ein Stück weiter. | |
Sie sind für den Türkei-EU-Beitritt. Warum nicht die Union? | |
Es ist die Sorge, dass eine zu große EU Handlungsfähigkeit verliert. Zum | |
anderen argumentieren manche mit einer "kulturellen Andersartigkeit" der | |
Türkei und des Islam. Deshalb müssen wir Ernst machen mit Aufklärung. Das | |
ist nämlich auch Grundlage des Grundgesetzes. | |
Gibt es in der Union Ressentiments gegen Muslime? | |
Wie in der Bevölkerung insgesamt, wie jede Umfrage über das Islambild | |
zeigt. Die Union fällt da nicht aus dem Rahmen. Aber sie unterscheidet sich | |
auch nicht von der Bevölkerung. | |
8 Oct 2010 | |
## AUTOREN | |
Gordon Repinski | |
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