# taz.de -- Streit der Woche: Rückt die Republik nach rechts? | |
> Erst warf Thilo Sarrazin Muslimen Integrationsunwillen vor, jetzt wettert | |
> CSU-Chef Horst Seehofer gegen Araber und Türken. Sind rechte Gedanken | |
> salonfähig geworden? | |
Bild: Zeichnet sich ein Rechtsruck ab? | |
Wer aus einem anderen Kulturkreis kommt, soll in Zukunft nicht mehr nach | |
Deutschland einwandern dürfen. Was wie eine rechte Parole klingt, ist eine | |
Forderung von Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer. Zwar hat der | |
CSU-Vorsitzende die Äußerung inzwischen ein Stück weit zurückgenommen, in | |
einem Interview hatte er aber zuvor gesagt, er wolle die Zuwanderung von | |
Türken und Arabern stoppen, weil Menschen aus anderen Kulturkreisen sich | |
schwieriger integrieren ließen. | |
Seit Wochen schaukelt sich die Debatte um die Integration von Muslimen | |
höher und höher. | |
Zuerst erschien Thilo Sarrazins Buch und machte, so schien es, Kritik am | |
Islam salonfähig. Junge Muslime seien oft integrationsunwillig, behauptete | |
er. Der Grund dafür: ihre Religion. Und Sarrazin erntete Zustimmung. Eine | |
Umfrage von Infratest Dimap ergab nun, dass mittlerweile 37 Prozent "ein | |
Deutschland ohne Islam besser" finden. | |
Wegen seiner Aussage, der Islam sei auch Teil Deutschlands, wurde | |
Bundespräsident Christian Wulff in den Medien heftig angegangen. | |
Gleichzeitig verlangten SPD und Grüne eine rechtliche Gleichstellung des | |
Islam mit den christlichen Kirchen. Unions-Politiker widersprachen | |
umgehend. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder kritisiert dann auch | |
noch eine Deutschenfeindlichkeit an Berliner Schulen und im öffentlichen | |
Nahverkehr. Sie findet, es gebe auch Diskriminierung von Migranten gegen | |
Deutsche. | |
Diskussions-Gegner sind jedenfalls der Auffassung, dass die aufgeheizte | |
Debatte kaum eine Grundlage habe. Denn die Zuwanderung von Menschen aus | |
islamischen Ländern spiele in Deutschland fast keine Rolle. Die Debatte | |
schüre Rassismus und zementiere das „Wir“ und „die anderen“. Die | |
unsachliche Diskussion zeige, Politiker sind nach rechts gerückt, weil dort | |
Wählerstimmen abzugreifen sind. Rechte Gedanken seien mittlerweile in der | |
Gesellschaft verankert. | |
Für Befürworter ist die Debatte ein ganz normaler demokratischer Prozess. | |
Natürlich müsse jeder frei seine Meinung äußern dürfen. Und eine Diskussion | |
über Integration sei vielleicht notwendig oder gar überfällig. Gerade die | |
gegenwärtige Debatte könne ein Ausgangspunkt für eine sachliche Diskussion | |
sein. | |
Ist Deutschland offener für rechte Ideen geworden? | |
Oder bewirken provokante Aussagen endlich, dass das Reizthema Integration | |
wieder intensiv diskutiert wird? | |
Was meinen Sie - rückt die Republik nach rechts? | |
12 Oct 2010 | |
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