# taz.de -- Terrorprozess in Südafrika: Nigerias Ölrebellenchef vor Gericht | |
> Henry Okah, exilierter ehemaliger Anführer der MEND-Rebellen in Nigerias | |
> Ölgebieten, soll für die jüngsten Terroranschläge in Abuja verantwortlich | |
> sein. | |
Bild: Zwei Bomben gingen am Unabhängigkeitstag Nigerias hoch. | |
Henry Okah wird mit einem lauten Rasselgeräusch aus seinen Ketten befreit | |
und über eine kleine Treppe in den Zeugenstand geführt. Er zwinkert seiner | |
Frau Asuka zu, die im Zuschauersaal sitzt. Später schüttelt der Nigerianer | |
ständig den kahl geschorenen Kopf, aber die Vorwürfe des südafrikanischen | |
Staatsanwalts im Amtsgericht Johannesburg belasten ihn schwer. Bei | |
Attentaten in Nigerias Hauptstadt Abuja während der Feiern zum 50. | |
Unabhängigkeitsjahrestag am 1. Oktober starben zwölf Menschen - seit | |
Donnerstag steht Okah als mutmaßlicher Drahtzieher in seinem Wohnort | |
Johannesburg vor Gericht. Gestern Nachmittag ging es weiter um seinen | |
Antrag auf Kaution. | |
Zunächst bleibt der 45-jährige Ex-Anführer der nigerianischen | |
Rebellenorganisation Mend (Bewegung für die Emanzipation des Niger-Deltas) | |
in Haft. Ihm droht lebenslange Freiheitsstrafe, falls er der Verschwörung | |
und terroristischer Aktivitäten schuldig gesprochen wird. In seinem Haus in | |
Johannesburg hatte die Polizei bei einer illegalen Durchsuchung am Tag nach | |
den Bombenexplosionen von Abuja nicht nur zahlreiche Belege für den Kauf | |
von Waffen, Granaten, Munition und Geräte für militärische Operationen | |
sowie Kampfuniformen aus Südafrika und China gefunden, sondern auch ein | |
Tagebuch Okahs aus den Jahren 2006 bis 2010. Demnach sei der im vergangenen | |
Jahr von Nigerias Regierung amnestierte einstige Rebell weiter eng mit | |
seiner Organisation verknüpft, die mit Waffengewalt die Ölförderung im | |
nigerianischen Niger-Delta bekämpft. "Die Männer mobilisieren, Gott wird | |
uns einen Sieg geben" soll in dem Tagebuch stehen und: "Sie haben mich auf | |
den Knien um Finanzen gebeten, um mit unserer Kampagne weiterzumachen." | |
Berichtet wird auch von intensiven Verhandlungen im Jahr 2007. Damals war | |
Okah, der seit 2004 in Südafrika lebte, in Angola auf einer angeblichen | |
Geschäftsreise verhaftet und 2008 nach Nigeria ausgeliefert worden, bevor | |
er von einer Amnestie für Mend-Kämpfer profitierte. | |
Okah, Absolvent der Marineakademie in Nigeria, weist jede Schuld von sich. | |
Sein Anwalt erklärt, Okahs Festnahme in Südafrika sei ohne gültigen | |
Haftbefehl erfolgt, und dies sei eine Taktik der nigerianischen Regierung, | |
kurz vor den 2011 anstehenden Wahlen die Oberhand zu gewinnen. | |
Verantwortung für den Anschlag von Abuja sei Okah nicht nachzuweisen, er | |
sei zwar Sympathisant der Ölrebellen und habe Verbindungen zu Mend, aber | |
Nigerias Regierung habe keine Ahnung, auf wessen Konto die Anschläge | |
gingen. Mend hatte in Nigeria die Verantwortung dafür übernommen, aber | |
Okahs Verwicklung dementiert. | |
Die südafrikanische Staatsanwaltschaft spricht sich gegen Okah Freilassung | |
auf Kaution aus. Es bestehe ein erhebliches Fluchtrisiko, da der Nigerianer | |
"extrem wohlhabend" und gut vernetzt sei. Er könnte Zeugen einschüchtern | |
und den öffentlichen Frieden stören. Zudem steht er unter Verdacht der | |
Geldwäsche und des Betrugs: Er habe seine Daueraufenthaltsgenehmigung in | |
Südafrika durch Bestechung erworben. In Nigeria würde ihm als verurteilter | |
Terrorist die Todesstrafe drohen. Einen Auslieferungsantrag hat Nigeria | |
allerdings nicht gestellt. | |
15 Oct 2010 | |
## AUTOREN | |
Martina Schwikowski | |
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