# taz.de -- Vom Verfassungsschutz bespitzelt: Ramelow klagt in Karlsruhe | |
> Bodo Ramelow zieht vor das Verfassungsgericht: Dort will er ein Ende | |
> seiner Überwachung erreichen. Seine Partei die Linke hofft auf ein | |
> Grundsatzurteil. | |
Bild: Bodo Ramelow und Gregor Gysi wollen nicht länger überwacht werden. | |
BERLIN taz | Als Bodo Ramelow am Dienstag die Pressekonferenz betritt, hat | |
er einen dicken Ordner unterm Arm. Darin sind hunderte Dokumente, die der | |
Verfassungsschutz über ihn gesammelt hat. Zeitungsartikel und Interviews, | |
Onlinetexte und Pressemitteilungen. | |
Ramelow will die Beobachtung rechtlich unterbinden lassen und hat jetzt | |
eine 49-seitige Beschwerde ([1][auf der Seite des Politikers als PDF-Datei | |
einsehbar]) beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht. "Ich | |
habe nichts zu verlieren außer meine Akten", sagt der Thüringer | |
Fraktionschef der Linkspartei. | |
Nach eigenen Angaben wird Ramelow seit den 80er Jahren als | |
Gewerkschaftsfunktionär in Hessen vom Verfassungsschutz beobachtet. Auch | |
nach 1999 als Thüringer Landtagsabgeordneter und von 2005 bis 2009 als | |
Bundestagsabgeordneter wurden er überwacht. Ramelow hält das für | |
rechtswidrig und klagt seit Jahren vor verschiedenen Gerichten dagegen. | |
In zwei früheren Instanzen hatte er Erfolg. Der Verfassungsschutz ging in | |
Revision und siegte im Juli 2010 überraschend vor dem | |
Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Die Richter urteilten, dass nicht nur | |
er selbst, sondern auch anderen Spitzenpolitiker der Partei beobachtet | |
werden können ([2][Urteilsbegründung als PDF-Datei]). Als Begründung wurden | |
Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen von einzelnen | |
Strömungen in der Partei angeführt. Diese könnten nur effizient überwacht | |
werden, wenn auch Spitzenfunktionäre einbezogen würden. | |
"Es kann nicht sein, dass ich mich allen Strömungen innerhalb der Partei | |
zuordnen lassen muss", sagte Ramelow am Dienstag. Gegen ihn selbst gebe es | |
keinen einzigen politischen Vorwurf. "Die Geheimdienste haben ihre Finger | |
aus den Parlamenten zu lassen", forderte Ramelow. | |
Entschieden wehrte er sich gegen Äußerungen des Verfassungsschutzchefs | |
Heinz Fromm. Dieser hatte Ende September im [3][taz-Interview] erklärt, es | |
würden nicht alle Linksparteipolitiker beobachtet, sondern nur "das | |
Führungspersonal und die Mitglieder extremistischer Gruppierungen". Ramelow | |
sagte am Dienstag: "Ich bin weder in einer extremistischen Gruppierung, | |
noch habe ich irgendeine Funktion innerhalb der Partei." Seit Frühjahr sei | |
er lediglich Fraktionschef in Thüringen. | |
Unterstützt wird Ramelow von Linkspartei-Fraktionschef Gregor Gysi. Seit | |
drei Jahren liegt die Klage der Bundestagsfraktion gegen die Überwachung | |
von Abgeordneten unbearbeitet in Karlsruhe. Durch eine mögliche | |
Zusammenlegung der Fälle erhofft sich Gysi aus Karlsruhe ein | |
Grundsatzurteil. | |
"Ziel der Beobachtung ist die Stigmatisierung. Das ist nackte Politik", | |
sagte er. Der Geheimdienst werde missbraucht. Inhaltlich seien die | |
Begründungen Blödsinn. "Es gibt niemanden in unserer Partei, der eine | |
Diktatur des Proletariats im marxistisch-leninistischen Sinne will." | |
Gysi forderte strenge Regeln für die Überwachung von Parlamentariern. "Es | |
kann nicht sein, dass das Parlament bei einer zwanzigjährigen Beobachtung | |
durch den Verfassungsschutz nicht zustimmen muss", so Gysi. Sollte Ramelow | |
nichts aus Karlsruhe hören oder das Gericht gegen ihn urteilen, will er vor | |
den Europäischen Gerichtshof ziehen. | |
19 Oct 2010 | |
## LINKS | |
[1] http://www.bodo-ramelow.de/images/uploads/dokumente/Verfassungsbeschwerde_R… | |
[2] http://www.bodo-ramelow.de/images/uploads/dokumente/Urteil_BVerwG-21-07-201… | |
[3] /1/politik/deutschland/artikel/1/antikapitalismus-kann-demokratisch-sein/ | |
## AUTOREN | |
Paul Wrusch | |
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