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# taz.de -- Protest gegen Rentenreform in Frankreich: Kein Ende der Demonstrati…
> Die Proteste und Blockaden gegen die Rentenreform gehen weiter. In
> Marseille heuern Geschäftsleute nun Streikbrecher zur Müllbeseitigung an.
Bild: Da hat sich was angestaut: Abfallbeseitigung in Marseille
Trotz zahlreicher Einsätze der Polizei ist es der französischen Regierung
bisher nicht gelungen, die Situation in einem von Protesten erschütterten
Land unter Kontrolle zu bekommen. Von überall wurden auch gestern wieder
Störaktionen, Besetzungen, Straßensperren und Demonstrationen gemeldet.
Unverändert massiv beteiligten sich die Mittelschüler und jetzt auch die
Studierenden gestern wieder an den Demonstrationen.
Obwohl der Innenminister die Anweisung gegeben hat, die Zufahrt zu allen
blockierten Treibstofflagern wenn nötig mit Gewalt zu räumen, warteten
gestern noch rund 5.000 von 12.500 Tankstellen in Frankreich auf Nachschub.
Die Probleme der Benzin- und Dieselversorgung könnten sich heute und am
Wochenende noch verschärfen, da mit dem Beginn der Herbstferien besonders
viele Familien auf der Straße unterwegs sind.
Präsident Nicolas Sarkozy versuchte, die öffentliche Meinung gegen diese
Behinderungen auszuspielen: "Man hat nicht das Recht, unschuldige Mitbürger
in ihrem Alltag als Geiseln zu nehmen. Wir können nicht das einzige Land
sein, wo eine Minderheit die anderen wegen einer Reform blockieren will."
Die Treibstoffengpässe und diversen Behinderungen beginnen sich auch immer
mehr auf die französische Wirtschaft und den Tourismus auszuwirken.
Zahlreiche Urlauber oder Geschäftsreisende haben ihre Fahrt nach Frankreich
sowie ihre Hotelreservierungen annulliert.
In Marseille, wo sich wegen eines seit zehn Tagen dauernden Streiks der
Müllabfuhr tonnenweise stinkende Abfallberge im Zentrum türmen, haben
Kaufleute zur Selbsthilfe gegriffen und Streikbrecher angestellt, die mit
der Räumung begannen. Wie schon am Tag zuvor setzten die Behörden auch
Militärangehörige des Katastrophenschutzes ein, um den Abfall zu
beseitigen. Sarkozy hat seine Regierungsmehrheit angewiesen, die Debatte
über die Rentenreform trotz der Proteste rasch abzuschließen. Der Senat
soll heute über seine Vorlage abstimmen, und bis Mitte kommender Woche soll
eine von beiden Kammern bereinigte Version von der Nationalversammlung
definitiv verabschiedet werden.
Mit dieser Beschleunigung bringt die Staatsführung die Gewerkschaften in
Zugzwang. Bisher waren alle Verbände in ihrer Opposition und im Vorgehen
geeint. Die Gemäßigteren unter den Gewerkschaftsführern aber wollen "den
Kampf mit anderen Mitteln" (als Demonstrationen und Streiks) fortsetzen,
wenn die Reform angenommen ist. Zusätzliche Verwirrung stiftet die
Regierung mit der Ankündigung, dass nach 2013 (nach den Parlaments- und
Präsidentenwahlen) über eine umfassende Änderung des Systems der
Altersrenten diskutiert werden soll. Das komme zu spät, um als Alternative
glaubwürdig zu sein, sagen Gewerkschaften und Oppositionsparteien. Als
kleines Zugeständnis an die Öffentlichkeit sehen sie die Zusicherung, dass
die bisherigen Renten-Privilegien der Parlamentsmitglieder beschnitten
würden.
21 Oct 2010
## AUTOREN
Rudolf Balmer
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