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# taz.de -- Thriller "Kommissarin Lund": Staatsgeschäfte und Kaffeekränzchen
> Haben die Dänen etwa den besseren gesellschaftspolitischen Riecher? Der
> Monumentalthriller „Kommissarin Lund – Das Verbrechen II“ ist so souver…
> wie unverkrampft.
Bild: Kommissarin Lund (Sofie Gråbøl) löst ihren zweiten großen Fall.
BERLIN taz | Im Kopenhagener Regierungspalast wird ein junger, dicklicher
Mann aus seinem engen dunklen Kämmerchen zum Regierungschef beordert, der
ihn ganz unerwartet zum Justizminister ernennt. Der Aktenfresser soll für
die Partei im Parlament ein problematisches Antiterrorgesetz durchboxen.
Im Gefängnis am Rande der Stadt wartet derweil ein inhaftierter Soldat auf
seine vorzeitige Entlassung, um endlich wieder bei seinem Sohn sein zu
können, der ihm immer fremder wird. Und in einem reichen Villenvorort wird
die grausam an einen Pfahl drapierte Leiche einer Anwältin aufgefunden.
Was die drei Geschehnisse miteinander zu tun haben? Nur ruhig Blut, werter
Zuschauer. In der Zeit, in der in anderen TV-Krimis zur Lösung des Falles
geprescht wird, nehmen die Macher dieser Neuauflage des dänischen
Monumentalthrillers „Kommissarin Lund – Das Verbrechen“ gerade mal die
Exposition vor.
Vor ziemlich genau zwei Jahren lief im ZDF die erste Ausgabe. In zehn
Teilen und rund 1000 Sendeminuten ging es um ein Verbrechen in der
Kommunalpolitik, das die Ermittlerin Lund (Sofie Gråbøl) in
unterschiedlichste Gesellschaftsschichten Kopenhagens führte. In Dänemark
erzielte man damit Einschaltquoten von 70 Prozent, in Deutschland gab es
bei der Ausstrahlung ähnliche Sensationsmeldungen – überrundete der Krimi
in der Publikumsgunst doch glatt den zeitgleichen Talk von Anne Will in der
ARD.
Könnte es gar sein, dass die Dänen den besseren gesellschaftspolitischen
Riecher haben (von der spannenden Dramaturgie mal ganz abgesehen)? Im
Nachfolgeprojekt jedenfalls werden jetzt noch dringlichere große Themen
aufgemacht – wenn auch nur in der Hälfte der Zeit. Diesmal gibt es nur fünf
Folgen und rund 500 Minuten. Die aber haben es in sich: Stark, wie hier
Inneneinsichten aus dem Politbetrieb gezeigt werden. Das hat durchaus
Ähnlichkeit mit dem dänischen Bodyguard-Soziothriller „Protectors“, der
letztes Jahr am gleichen Programmplatz und ebenfalls in fünf Teilen vom ZDF
versendet wurde.
Gerade wenn man diese Produktionen mit ähnlichen aus Deutschland
vergleicht, fällt auf, wie souverän und unverkrampft die Dänen politische
Ränkespiele und kleinen Alltag miteinander verknüpft bekommen. Wo in den
wenigen hiesigen Filmen, die sich mal an die Politik heranwagen, immer eine
staatstragende Feierlichkeit herrscht, da erzählen die Skandinavier mit
unangestrengter Detailfreude von den Machtverschiebungen und
Alltagsanstrengungen hinter den Türen irgendwelcher Parteibüros oder
Ministerien.
Und so werden wir nun Zeuge, wie sich der unscheinbare dickliche
Aktenfresser aus dem dunklen Ministeriumskeller (Nicolas Bro) – für den
Zuschauer ganz unerwartet – zum gewieften Politstrategen entwickelt, der
sowohl dem konservativen Koalitionspartner als auch dem eigenen
Regierungschef auf einmal mit Eigeninitiative das Leben schwer macht: Wie
er beim Kaffee freundlich die eigentlich schon abgemachten Deals platzen
lässt, ohne dabei auch nur ein unhöfliches Wort zu benutzen, das ist ein
starker Moment des Politdramas. Große Staatsgeschäfte wie Kaffeekränzchen
erscheinen lassen, das können wahrscheinlich nur die Dänen.
„Kommissarin Lund – Das Verbrechen II“, Sonntag 22.00 Uhr, ZDF
23 Oct 2010
## AUTOREN
Christian Buss
## TAGS
Krimi
Telefon
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