# taz.de -- Ottfried Fischer geht vors Gericht: Der betrogene Bulle | |
> Am Montag begann der Prozess um ein heimlich aufgenommenes Sexvideo mit | |
> Ottfried Fischer. Angeklagt ist auch ein Ex-Reporter von "Bild", der | |
> Fischer mit dem Band erpresst haben soll. | |
Bild: Jagt als Pfarrer Braun sonst Mörder unter der Kirchenkuppel: Ottfried Fi… | |
Ottfried Fischer lächelt, als er auf der Nebenklägerbank Platz nimmt. Der | |
56-Jährige Kabarettist und Schauspieler ("Der Bulle von Tölz") wollte es | |
so. Er hat sich auf einen Prozess voller peinlicher Details aus seinem | |
Privatleben eingelassen, der am Montag vor dem Münchner Amtsgericht unter | |
großem Medienandrang stattfand. Es sei ein "Kampf für die gute Sache", | |
sagte Fischers Anwalt Steffen Ufer. | |
Angeklagt sind zwei Prostituierte, zwei Mittelsmänner und ein ehemaliger | |
Bild-Reporter, wegen "Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs | |
durch Bildaufnahmen". Für die Staatsanwaltschaft steht fest: Die | |
Prostituierten haben Fischer in seiner Wohnung beim Sex gefilmt, um ihn | |
danach zu erpressen. Fischer sollte so dazu gebracht werden, 74.366 Euro an | |
gefälschten Kreditkartenabrechnungen zu bezahlen. Er zahlte nicht und so | |
schickten die Mittelsmänner Bilder aus dem Video an ein | |
Kreditkartenunternehmen und die Bild. Die zwei Männer und zwei Frauen aus | |
dem Rotlichtmilieu räumten die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft teilweise | |
ein und entschuldigten sich bei Fischer. Der mitangeklagte ehemalige | |
Bild-Redakteur sagte dagegen aus, er habe Fischer nicht mit einem Sexvideo | |
zur Zusammenarbeit genötigt. | |
Auf der einen Seite ist der Münchner Prozess eine kleine, schmuddelige | |
Episode aus dem Sexgewerbe. Auf der anderen Seite könnte das Urteil | |
wegweisend für die Recherchepraktiken der Boulevardmedien sein. Dass Druck | |
auf Gesprächspartner ausgeübt wird, gehört zu den Arbeitstechniken des | |
Boulevards. Dass ein Reporter deshalb vor Gericht steht, ist selten. | |
Der Bild-Redakteur traf den Mittelsmann im Spätsommer 2009 in der Cafeteria | |
des Axel-Springer-Verlags in Berlin. Der Reporter stellte dem Mittelsmann | |
laut Anklageschrift zwischen 50.000 und 100.000 Euro für das Video in | |
Aussicht. Am 29. 10. 2009 überwies der Verlag 3.500 Euro, Verwendungszweck: | |
"Infohon Otti Fischer". Der Bild-Reporter rief bei Fischers Agentin an und | |
sagte, er sei im Besitz des Videos. Die Agentin riet Fischer zu einem | |
Exklusivinterview mit Bild. Das Interview erschien im Oktober 2009. Fischer | |
berichtete ausführlich, wie er die Prostituierten kennen gelernt hatte und | |
von ihnen betrogen worden sei. Die Staatsanwaltschaft wertet das als | |
Nötigung durch den Reporter. | |
An den Recherchemethoden findet man zumindest beim Springer-Verlag nichts | |
Verwerfliches. Die Anklage gefährde die Pressefreiheit, empörte sich ein | |
Springer-Sprecher. Für den Prozess wurde zunächst ein Verhandlungstag | |
angesetzt. Ein Urteil lag zum Redaktionsschluss noch nicht vor. | |
25 Oct 2010 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Hübner | |
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