# taz.de -- Reform des Euro-Schutzschirms angeschoben: EU-Gipfel kommt Merkel e… | |
> Auf dem EU-Gipfel einigen sich die Regierungschefs auf Drängen von Merkel | |
> und Sarkozy auf eine Reform des Euro-Schutzschirmes. Künftig soll es | |
> einen "dauerhaften Krisenmechanismus" geben. | |
Bild: Duo Infernale: Sarkozy und Merkel auf dem Gipfel in Brüssel. | |
BRÜSSEL reuters/dpa | Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident | |
Sarkozy haben auf dem EU-Gipfel einen Erfolg errungen und eine | |
Vertragsänderung für einen dauerhaften Euro-Schutzschirm angeschoben. Zuvor | |
war auf dem Gipfel bereits einer Verschärfung des Euro-Stabilitätspaktes | |
zugestimmt worden. | |
Allerdings wird die Reform begrenzt ausfallen, wie Merkel selbst nach den | |
stundenlangen teils heftigen Debatten erklärte. Die Sitzungen auf dem | |
EU-Gipfel in Brüssel reichten bis in den Freitagmorgen. Damit eine | |
Vertragsänderung spätestens bis März 2011 beschlossen werden kann, soll der | |
Entwurf dazu bis Dezember vorliegen. | |
EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy soll zudem in Absprache mit den | |
Mitgliedstaaten untersuchen, ob einem Land das Stimmrecht in der EU | |
entzogen werden kann, wenn es permanent die Währungsunion in Gefahr bringen | |
sollte. Der Ratspräsident betonte jedoch, dass es dafür keine Frist bis | |
Dezember gebe. "Ich werde das später überprüfen", sagte er in der Nacht. | |
Der Vorschlag war bis zuletzt von Ländern wie Luxemburg als erniedrigend | |
und unverhältnismäßig kritisiert worden. Zudem warfen zahlreiche kleinere | |
Länder Deutschland und Frankreich vor, mit ihrer Verständigung auf eine | |
gemeinsame Linie im Vorfeld der Beratungen zu viel Druck ausgeübt zu haben. | |
Schon jetzt ist klar, dass Merkel bei dieser Idee nicht mal auf die | |
Unterstützung aller konservativen Premiers zählen kann. Die | |
Sozialdemokraten lehnten die Idee ohnehin strikt ab. | |
Merkel gab sich am Rande kämpferisch: "Ich werde das Thema auf der | |
Tagesordnung halten." Diplomaten vermuten allerdings, dass Merkel und | |
Sarkozy diese Höchststrafe für ein EU-Mitglied nur aus taktischen Gründen | |
vorbrachten. | |
Ohnehin zeichnet sich bei den angepeilten Vertragsänderungen eine "kleine | |
Lösung" ab, wie Schwedens Regierungschef Fredrik Reinfeldt das nannte: "Wir | |
sollten sicherstellen, dass es eine sehr kleine Veränderung ist ohne | |
Volksabstimmungen und all die anderen Dinge, die wir in der Vergangenheit | |
gesehen haben." | |
Merkel zeigte sich am Ende der Debatte dennoch zufrieden: "Wir haben unsere | |
wesentlichen Punkte vorangebracht", sagte sie. Demnach stimmten die | |
EU-Staats- und Regierungschefs wie von ihr gefordert einem "dauerhaften | |
Krisenmechanismus" zu, der den im Frühjahr in höchster Not aufgespannten | |
Euro-Rettungsschirm ab 2013 ersetzen soll. | |
"Alle sind sich einig, dass dazu eine begrenzte Vertragsänderung notwendig | |
ist", betonte Merkel nach dem ersten Tag des EU-Gipfels in Brüssel. Der | |
Krisenmechanismus werde nur genutzt, wenn die Euro-Zone als Ganzes in | |
Gefahr wäre. Das Verbot der gegenseitigen Schuldenübernahme im EU-Vertrag | |
werde nicht geändert. "Wir haben wesentliche Entscheidungen dafür gefällt, | |
dass wir die Stabilität des Euro auf Dauer garantieren können", sagte die | |
Kanzlerin. | |
Merkel sprach von einer "harten, ausführlichen Diskussion". EU-Diplomaten | |
beschrieben die Auseinandersetzungen als zeitweise hitzig. "Merkel wurde | |
ziemlich emotional während der Debatte über die Stimmrechte", sagte ein | |
EU-Diplomat. Der griechische Regierungschef Giorgos Papandreou habe | |
entgegnet, er wolle sein Stimmrecht behalten und nicht als Bürger zweiter | |
Klasse behandelt werden. Auch EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso | |
habe sich über einen Stimmrechtsentzug reichlich aufgeregt. | |
Van Rompuy erklärte, er sei beauftragt worden, die Beratungen über eine | |
begrenzte Vertragsveränderung aufzunehmen. Die Kommission werde dafür die | |
Vorbereitung leisten. "Der Euro hat wie ein Schlafmittel gewirkt, besonders | |
in guten Zeiten", sagte Van Rompuy. "Wir schlagen nun eine Vorgehensweise | |
für ein rechtzeitiges Erwachen vor." | |
Ein permanenter Krisenmechanismus sei wichtig für das Überleben der | |
Euro-Zone, mahnte Van Rompuy. Dabei werde auch die Rolle des privaten | |
Sektors sowie des Internationalen Währungsfonds betrachtet. Zu Merkels | |
Forderungen gehört es, private Gläubiger eines Staates mit einem | |
Forderungsverzicht an künftigen Rettungen zu beteiligen. | |
Wegen der Überschuldung von Griechenland und der hohen Defizite in | |
Euro-Staaten wie Spanien, Portugal und Irland ist die Währungsgemeinschaft | |
im Frühjahr an den Finanzmärkten unter immensen Druck geraten. Nur die | |
Zusage milliardenschwerer Hilfen von EU und Internationalem Währungsfonds | |
bewahrte Griechenland vor der Zahlungsunfähigkeit und schützte die anderen | |
angeschlagenen Staaten vor hohen Kosten für ihren Schuldendienst. | |
Deutschland und Frankreich wollen mit den Änderungen dem Vernehmen nach | |
verhindern, dass sich eine solche Krise wiederholt. Die Bundesregierung | |
besteht auf der Vertragsänderung außerdem, damit Deutschlands Beteiligung | |
an einem Mechanismus Beschwerden vor dem Bundesverfassungsgericht | |
standhalten kann. Der befristete Schutzschirm mit Kreditgarantien der | |
Euro-Staaten könne auf Basis des bestehenden EU-Vertrags kein Dauerzustand | |
werden, betonte Merkel. | |
29 Oct 2010 | |
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