# taz.de -- Integrationsgipfel ohne Resultat: "Lieber über Sarrazin gesprochen" | |
> Auf dem 4. Integrationsgipfel kritisieren Migranten die jüngsten | |
> Äußerungen von Regierungspolitikern. Merkel nimmt's zur Kenntnis – eine | |
> Debatte gab es nicht. | |
Bild: Immer nur Lächeln: Angela Merkel und die eine Hälfte ihres Integrations… | |
Begeistert war Berrin Alpbek am Mittwoch nicht, als sie zum | |
Integrationsgipfel ins Kanzleramt aufbrach. "Das Niveau der Diskussion in | |
den letzten Monaten seitens der Regierung war bedenklich", sagte die | |
Vorsitzende der Förderation Türkischer Elternvereine. "Das haben wir auf | |
dem Gipfel auch deutlich gemacht." | |
Den Unmut der Migrantenverbände hat auch Bundeskanzlerin Angela Merkel | |
(CDU) registriert, die zum vierten Mal zum Integrationsgipfel geladen | |
hatte. "Manches hat die Migranten nicht erfreut, das hat man gemerkt", | |
sagte Merkel im Anschluss an das Treffen. Inzwischen gebe es aber eine | |
Arbeitsatmosphäre, in der auch Kontroversen ausgetragen werden könnten. | |
"Wir brauchen eine differenzierte Diskussion", sagte die Kanzlerin, die | |
zuletzt noch erklärt hatte: "Multikulti ist gescheitert." | |
Es sei ein "guter Gipfel gewesen", betonte Merkel. Man habe einen | |
Aktionsplan zur Integration auf den Weg gebracht. "Damit wollen wir | |
konkreter werden und unsere Ziele überprüfbar machen." Der Aktionsplan, der | |
innerhalb eines Jahres erarbeitet werden soll, soll den Nationalen | |
Integrationsplan konkretisieren. Dieser ist das Ergebnis vorhergehender | |
Gipfeltreffen und enthält rund 400 teils klare, mitunter aber auch | |
unverbindliche Selbstverpflichtungen von der Einführung von Deutschtests | |
vor der Einschulung bis zur Förderung des Mädchenfußballs. Bei Bildung, | |
Deutschkenntnissen und Ausbildung seien klare Zielvorgaben vorgesehen, | |
sagte Merkels Integrationsbeauftragte, Maria Böhmer (CDU). Auch die Themen | |
Gesundheit und öffentlicher Dienst sollen berücksichtigt werden. | |
Dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Josef Winkler, | |
reicht das nicht. "Der angekündigte Aktionsplan wird erst irgendwann im | |
nächsten Jahr vorgelegt", kritisierte er. Ein Gipfel ohne konkretes | |
Ergebnis sei nicht sinnvoll. | |
Auch der Chef der Türkischen Gemeinde, Kenan Kolat, kommt zu einem | |
vernichtenden Urteil: "Wir hätten gern mehr über Sarrazin und Seehofer | |
gesprochen, aber wir kamen kaum zu Wort", sagte Kolat. "Der Gipfel war | |
völlig überfrachtet. Es gab nur Monologe, keine Diskussion." Das Ganze sei | |
eine "Showveranstaltung". | |
Versöhnlicher äußerte sich Bekir Alboga, Dialogbeauftragter des türkeinahen | |
Moscheedachverbands Ditib. "Wir hatten die Gelegenheit, die Stimmung zu | |
beschreiben, die bei uns seit der unsäglichen Sarrazin-Debatte herrscht", | |
sagte Alboga. Diese Botschaft sei angekommen. Der Gipfel habe einiges | |
wieder gutgemacht, "was in den vergangenen Wochen aus politischem Kalkül | |
aufs Spiel gesetzt wurde". | |
Zum Integrationsgipfel kamen am Mittwoch rund 120 TeilnehmerInnen für drei | |
Stunden ins Kanzleramt, darunter Bundes- und Landesminister, VertreterInnen | |
von Migrantenorganisationen und Gewerkschaften, aus Wirtschaft, | |
Wissenschaft, Medien, Kultur und Sport. Es war das vierte Treffen dieser | |
Art seit 2006. | |
4 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
S. am Orde | |
P. Wrusch | |
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