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# taz.de -- Fussballvereine an der Börse: Kommerz mit Herz(-infarkt)
> Vor zehn Jahren ging Borussia Dortmund als erster und einziger deutscher
> Klub an die Börse. Es sollte eine Geschichte voller Pannen und
> versemmelter Renditen werden.
Bild: Joachim Watzke: Geschäftsführer des einzigen deutschen Fußballvereins …
"Kommerz mit Herz zum Wohle des Anlegers" verspricht Borussia Dortmund den
Käufern seiner Fußballaktie, die an der Börse Frankfurt unter der
Wertpapierkennnummer 549309 zu haben ist. Das ist ein flotter Spruch, der
bei Langzeitinvestoren aber nicht gut ankommen dürfte. Im Gegenteil: Sie
sollten sich verhöhnt vorkommen. Denn seit dem Börsengang des Fußballklubs
vor ziemlich genau zehn Jahren haben die Anleger leiden müssen.
Ausgegeben wurde die Aktie für 11 Euro, doch seitdem ging es fast immer nur
bergab. Unter einen Euro fiel die Aktie in diesem Jahr, was eher folgenden
Werbeslogan rechtfertigen sollte: "Kommerz mit Herz(-infarkt) zum Schaden
des Anlegers".
Gestern notierte die Aktie bei 1,85 Euro. Sie hat sich also ein wenig
erholt, kein Wunder, rangiert Borussia Dortmund doch auf Platz eins der
Bundesligatabelle. Allein nach dem 2:0-Erfolg des BVB über Mitkonkurrent
Mainz 05 schnellte der Kurs des Papiers um knapp 11 Prozent nach oben. Das
dürfte vor allem BVB-Aufsichtsrat Bernd Geske freuen, der seit Monaten wie
ein Wilder Aktien seines Unternehmens kauft, zehntausende davon zu einem
Durchschnittskurs von etwa einem Euro.
Geske, der bereits etwa 10 Prozent des Gesamtpakets an BVB-Aktien hält,
scheint Vertrauen in das Leistungsvermögen der Profis zu haben. Das ist
nicht immer so. Fußballaktien gelten auf dem Börsenparkett als
Zockerpapiere, die auf die Schnelle mal hochschießen können, aber auf lange
Sicht meist nur Verluste bescheren. Große Fondsgesellschaften wie Deka oder
Union Investment haben sich schon längst vom Kauf der Fußballpapiere
verabschiedet.
Zur Begründung heißt es: Zu unvorhersehbar sind künftige Spielergebnisse,
zu unberechenbar ist oftmals das Management, zu groß die Abhängigkeit von
der Teilnahme an der Champions League oder der Europa League. Kurzum: Das
Ganze ist verdammt unwägbar. Eine Niederlagenserie und schwuppdiwupp ist
die Champions League dahin und damit Einnahmen in Höhe von 20 Millionen
Euro allein für die Gruppenphase.
Mehr als dreißig Vereine haben sich seit 1983 (Tottenham Hotspur) in Europa
an die Börse gewagt, darunter Ajax Amsterdam, Besiktas Istanbul, Benfica
Lissabon, Olympique Lyon oder Lazio Rom. Über 90 Prozent von ihnen
verprellten die Anleger, nur wenige wie Manchester United oder Brøndby
Kopenhagen konnten zeitweise eine Erfolgsgeschichte schreiben. Borussia
Dortmund beziehungsweise die Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA bestätigt
die Regel von der Sieche der Fußballklubs an der Börse.
Mit diversen Kapitalerhöhungen wurde der Wert der Aktie verwässert, doch
auch katastrophale Bilanzen schlugen zu Buche. Gab es im Jahre 2000 nur
16,5 Millionen BVB-Aktien, so sind es heute bereits 61,43 Millionen Stück.
Und der BVB-Konzern hat allein in den vergangenen sieben Jahren 173,8
Millionen Euro Miese gemacht.
Das heißt: Die Aktie ist zu Recht so billig. Durch den Aufschwung in der
Liga notiert die Aktie jetzt aber sogar über dem Kursziel eines Analysten
aus dem Bankhaus Lampe, der die Aktie bei 1,40 Euro "fair bewertet" sieht
und den Anlegern empfiehlt, das Papier zu halten.
Ein Experte des Geldanlage-Report ist der Meinung, dass das aktuelle
Management um die Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Thomas Treß
"seriös und vernünftig" wirtschafte und nicht dem "Größenwahn vergangener
Tage" verfalle. Doch auch die Experten können nicht sagen, was in drei
Monaten aus dem Höhenflug der Schwarz-Gelben geworden sein mag.
Damals, im Herbst des Jahres 2000, sahen sich die Börsengänger des BVB als
Pioniere, denn sie waren die Ersten (und auch Letzten), die sich mit einem
deutschen Fußballklub an die Börse wagten. Der "Markenwert" des BVB war
nach dem Gewinn der Champions League im Jahre 1997 auf dem Höhepunkt,
außerdem wurden 130 Millionen Euro auf dem Parkett eingenommen. Die Zukunft
verhieß nur Gutes.
Aber dann crashten die Finanzmärkte. Und das Führungsduo des BVB, Michael
Meier (heute in Köln) und Gerd Niebaum, machten so ziemlich alles falsch,
was man falsch machen konnte. Der neureiche Verein gab zu viel Geld für
neue Spieler aus. Die Gehälter waren viel zu hoch. Und als die vielen
Millionen weg waren, verzockte man das Stadion an die Commerzbank, um es
dann mühsam über Anleihen zurückzuerwerben.
Zwischendrin kam es noch zu einem bizarren Intermezzo des Finanzjongleurs
Florian Homm, dem der Sinn offenbar nach etwas Publicity stand - oder wie
es Christian P. Schneider von Deloitte & Touche sagt: "Das Interesse des
Investors ist oftmals darauf gerichtet, über den Verein Potenziale
auszuschöpfen, die über andere Medien nicht erreicht werden können."
Herr Homm war nach seinem Einsteig beim BVB in der Tat einer breiten
Öffentlichkeit bekannt. Dafür sind Fußballaktien gut. Zum Geldverdienen
taugen sie offensichtlich nicht.
4 Nov 2010
## AUTOREN
Markus Völker
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