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# taz.de -- Überfall in Moskau: Journalist brutal zusammengeschlagen
> Der Angriff auf Oleg Kaschin geschah nachts vor seiner Wohnung. Jetzt
> liegt er im Koma. Vermutet wird ein Racheakt für seine kritischen
> Berichte. Der Kreml scheint um Aufklärung bemüht.
Bild: Vor dem russischen Innenministerium protestiert eine Aktivistin gegen die…
MOSKAU dpad | Ein Reporter der russischen Zeitung "Kommersant" ist am
Samstag in Moskau brutal zusammengeschlagen worden. Der 30-Jährige erlitt
eine Gehirnerschütterung sowie zahlreiche Knochenbrüche. Nach einer
Notoperation wurde er in ein künstliches Koma versetzt. Nach Angaben der
Staatsanwaltschaft steht der Überfall möglicherweise im Zusammenhang mit
der journalistischen Arbeit des Mannes.
Oleg Kaschin wurde demnach von Unbekannten angegriffen, als er kurz nach
Mitternacht in seine Wohnung in der Moskauer Innenstadt zurückkehren
wollte. Einem Augenzeugen zufolge warteten zwei Männer mit einem
Blumenstrauß auf Kaschin. Dessen Kollegen berichteten, die Männer hätten
Kaschin den Ober- und Unterkiefer sowie beide Unterschenkel gebrochen. Sein
Chefredakteur, Michail Michailin, sagte, die Tatsache, dass die Täter den
Journalisten nicht ausgeraubt und seine Finger gebrochen hätten, sei
zweifelsohne ein Indiz dafür, dass es sich um einen Racheakt für seine
Arbeit als Reporter handele.
Kaschin schrieb häufig über politische Themen und soziale Proteste. Der
Journalist habe zu "informellen Organisationen" recherchiert, sagte
Michailin dem Fernsehsender NTW, ohne Einzelheiten zu nennen. Die
Nachrichtenagentur Interfax meldete unter Berufung auf Kaschins Frau, der
Journalist habe keine Drohungen erhalten.
Kaschin berichtete unter anderem auch über Umweltschützer und Aktivisten,
die sich gegen die Abholzung eines Waldes in Chimki nahe Moskau einsetzten.
Teile des Waldes sollen einer neuen Schnellstraße weichen. Präsident Dmitri
Medwedew setzte den Bau im August aus, eine endgültige Entscheidung über
das weitere Vorgehen wurde aber noch nicht getroffen. Zwei Tage vor dem
Angriff auf Kaschin war ein Aktivist überfallen worden, der gegen die
Abholzung protestiert hatte. Nach einem Verhör auf einem Polizeirevier
wurde der Mann niedergeschlagen und erlitt eine Schädelfraktur.
Vor zwei Jahren war ein Redakteur einer Zeitung in Chimki brutal
zusammengeschlagen worden, der als einer der ersten über die geplante
Abholzung berichtete. Der Mann ist seit dem Überfall gelähmt, die Täter
wurden nie gefunden.
Alle russischen Fernsehsender machten am Samstag ihre Nachrichten mit dem
Überfall auf Kaschin auf. In den vergangenen Jahren wurden in Russland
zahlreiche Journalisten angegriffen oder getötet. Nur wenige der Täter
wurden je ermittelt. Nach Angaben des in New York ansässigen Komitees zum
Schutz von Journalisten (CPJ) gab es seit 2000 mindestens 18 nicht
aufgeklärte solche Morde.
Der Kremlin scheint jedoch entschlossen, diesen Überfall aufzuklären.
Präsident Dmitri Medwedew übertrug dem Generalstaatsanwalt und dem
Innenminister die Leitung der Ermittlungen. Die Täter müssten gefunden und
bestraft werden, schrieb der Präsident auf Twitter. Die Behörden
überprüften Aufnahmen einer Überwachungskamera vor Kaschins Wohnhaus,
erklärte ein Sprecher des Ermittlungsteams und bestätigte, das Motiv für
die Tat sei vermutlich Kaschins journalistische Arbeit.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sagte: "Dies ist
ein trauriger Tag für Europa." Es gebe zu denken, dass in Russland die
Serie politisch motivierter Anschläge auf Journalisten nicht abreiße. Die
FDP-Politikerin forderte eine rasche Aufklärung der Hintergründe des
Überfalls, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.
7 Nov 2010
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