# taz.de -- Banken sollen für Staaten einspringen: Merkel schont die Steuerzah… | |
> Kanzlerin Merkel macht sich in der EU unbeliebt, weil Banken zahlen | |
> sollen, falls ein Staat Pleite geht. Was für ein Zufall: Ihr Vorschlag | |
> greift erst nach der Bundestagswahl 2013. | |
Bild: Merkels Schatten – fotografiert am 3.3.2009 bei der Delegiertenversamml… | |
Griechenland und Irland sind sich einig: Die deutsche Bundesregierung trägt | |
zumindest eine Mitschuld, dass die Risikoaufschläge für irische und | |
griechische Staatsanleihen steigen. Denn Kanzlerin Angela Merkel verlangt, | |
dass ab 2013 auch die privaten Gläubiger zu beteiligen sind, wenn | |
Euro-Länder in Schieflage geraten - und nicht nur die europäischen | |
Steuerzahler. | |
Dieser Vorstoß "könnte vielen das Rückgrat brechen", beschwerte sich | |
daraufhin der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou. | |
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nimmt die Kanzlerin hingegen in | |
Schutz. Auf einem Bankenkongress sagte er am Freitag, die Märkte hätten es | |
"längst eingepreist", dass private Gläubiger künftig haften müssen. | |
Ab 2013 soll der derzeitige EU-Rettungsschirm auslaufen, der Kredite in | |
Höhe von 750 Milliarden Euro vergeben kann, die von den Euroländern und dem | |
Internationalen Währungsfonds stammen. Anschließend sollen - ähnlich wie | |
bei einer Privatinsolvenz - die Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen | |
verzichten. | |
So soll der Schuldnerstaat die Chance bekommen, sich zu sanieren. Auch für | |
die Gläubiger könnte es ein gutes Geschäft sein, einen Teil der Außenstände | |
zu stunden oder abzuschreiben: Letztlich könnten sie mehr von ihrem Geld | |
wiedersehen, als wenn ein Staat einfach in Konkurs geht und die Zahlungen | |
einstellt - so wie vor neun Jahren Argentinien. | |
Merkels Plan mag im Prinzip vernünftig sein. Problematisch ist die lange | |
Frist bis 2013. Sie macht die Märkte nervös, die sich gegen das künftige | |
Risiko schon jetzt absichern. So kletterte die Rendite von zehnjährigen | |
irischen Staatsanleihen über 8 Prozent, für griechische Anleihen werden | |
fast 12 Prozent fällig und für portugiesische knapp sieben Prozent. | |
Die Folge: Die finanzielle Lage der Krisenstaaten verschlechtert sich noch | |
weiter. Das ist das Gegenteil dessen, was ein geordnetes Insolvenzverfahren | |
eigentlich erreichen soll. "Das ist so, wie wenn jemand dir sagt: Weil du | |
in Schwierigkeiten bist, lade ich dir noch mehr auf den Rücken", polterte | |
Griechenlands Regierungschef Papandreou. Hinter den Kulissen sollen noch | |
ganz andere, nicht druckfähige Worte gefallen sein, berichtet die Financial | |
Times. | |
Die Bundesregierung hält jedoch an ihrer Forderung nach einer künftigen | |
Beteiligung der Gläubiger fest. Damit will sie den deutschen Steuerzahlern | |
signalisieren, dass nicht immer nur sie für die diversen Rettungspakete zur | |
Kasse gebeten werden. Immerhin ist Deutschland der größte Einzahler in den | |
Rettungsfonds. Doch die Regierung steht auch unter Druck von den deutschen | |
Banken, die es zum Teil gar nicht verkraften könnten, wenn sie einen Teil | |
ihrer irischen Forderungen abschreiben müssten. | |
Allein die verstaatlichte Krisenbank Hypo Real Estate sei mit Forderungen | |
in Höhe von 10,3 Milliarden Euro in Irland engagiert, meldete die FAZ. | |
Zähle man alle Staatsschulden der Krisenländer Irland, Griechenland, | |
Portugal und Spanien zusammen, müsse die Bank um 35,5 Milliarden Euro | |
bangen. Deutsche Bank, Commerzbank, DZ-Bank und die Landesbank | |
Baden-Württemberg hätten jeweils Forderungen von 7 bis 8 Milliarden Euro an | |
diese vier Länder. | |
Um die Banken nicht vollends gegen sich aufzubringen, drängt die Regierung | |
jetzt erst mal Irland unter den Rettungsschirm, damit das Land | |
zahlungsfähig bleibt - und hofft inständig, dass die Krise nicht noch neben | |
Portugal auch Spanien oder gar Italien erfasst. So weit würde der Schirm | |
nämlich nicht reichen. | |
Zufällig sind 2013, wenn Merkels neues Verfahren in Kraft treten soll, auch | |
Bundestagswahlen. Dann kann die nächste Regierung die deutschen Banken | |
irgendwie dazu bringen, auf einen Teil ihres Geldes zu verzichten. Die EU | |
löst den Konflikt unterdessen auf ihre Weise: Die für kommende Woche | |
geplanten Gespräche zwischen den Finanzministern über den künftigen | |
Krisenmechanismus wurden erst mal auf Dezember vertagt. | |
21 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
Nicola Liebert | |
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