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# taz.de -- Polizisten vor Gericht: "Der Corpsgeist der Polizei bröckelt"
> Dank der zunehmenden Privatfilmerei auf Demos werden mehr Polizisten
> überführt, sagt der Rechtsanwalt Sven Richwin.
Bild: Polizei vs. Demonstranten. In letzter Zeit landeten verstärkt auch erste…
taz: Herr Richwin, stimmt der Eindruck, dass mehr Polizisten als früher
wegen Körperverletzung im Amt angeklagt und verurteilt werden?
Sven Richwin: Durchaus. Die Möglichkeiten, Polizisten zu überführen, sind
erheblich größer geworden. Die Videotechnik und das Internet haben die
Strafverfahren stark verändert. Das ist nicht nur meine Erfahrung, sondern
auch die vieler Kollegen.
Hat der Fall des so genannten Mannes in Blau, der im Herbst 2009 vor
laufender Kamera von Polizisten misshandelt worden ist, zu der Entwicklung
beigetragen?
Das hat sich in den letzten ein, zwei Jahren so entwickelt. Der Mann in
Blau hat nur mehr Aufsehen erregt als andere Fälle. Inzwischen hat man als
Anwalt von Polizeiopfern verhältnismäßig gute Möglichkeiten, erfolgreich im
Internet zu recherchieren.
Wie gehen Sie vor?
Wenn man bestimmte Ereignisse und bestimmte Daten eingibt, findet man im
Internet in verschiedenen Netzwerken eine Fülle von Aufnahmen von
Demonstrationen und öffentlichen Aktionen. Stundenlang Videos
durchzuschauen ist sehr zeitaufwändig. Aber es lohnt sich, weil es im
Einzelfall prozessentscheidend sein kann.
In der linksradikalen Szene gibt es Leute, die finden die private Filmerei
auf Demonstrationen gar nicht gut.
Dahinter steckt die Angst, dass man als Demonstrant aufgrund dieser
Aufnahmen selbst einer Strafverfolgung ausgesetzt werden könnte.
Ist das so?
Die Sorge ist für verständlich aber unbegründet. Der Anteil von
Demonstranten, die aufgrund solcher Aufnahmen verurteilt worden sind, ist
gering. Im Gegenteil: Viele Demonstranten, die zum Bespiel wegen
Widerstands angeklagt waren, sind dadurch freigesprochen worden, und es
wurden umgekehrt Strafverfahren gegen Polizeibeamte eingeleitet.
Wie könnten Privatfilmer die Identität Unbeteiligter besser schützen?
Sie könnten die Leute verpixelt ins Netz stellen. In den meisten Portalen
gibt es die Möglichkeit, die Filmer per E-mail zu kontaktieren. Das habe
ich auch schon mehrfach erfolgreich getan. Dann bekommt man die Rohfassung
der Aufnahmen.
Zeitigt die private Filmerei bei der Polizei schon Folgen?
Mein Gefühl ist, dass der Corpsgeist bröckelt. Früher hätten die Beamten
den angeklagten Kollegen als Zeugen versucht, reinzuwaschen. Jetzt müssen
sie damit rechnen, dass noch irgendwelche Aufnahmen auftauchen. Da legen
sie sich lieber nicht fest.
22 Nov 2010
## AUTOREN
Plutonia Plarre
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