# taz.de -- Gefechtsmedaille der Bundeswehr: Schöne neue Tapferkeit | |
> Karl-Theodor zu Guttenberg verleiht einen neuen Orden: die | |
> Gefechtsmedaille. Endlich! Das wurde auch Zeit! Oder? | |
Bild: So soll sie aussehen: Die Gefechtsmedaille. | |
Um einem dringenden Bedürfnis abzuhelfen, hat Verteidigungsminister | |
Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) vor einigen Wochen angeregt, eine neue | |
Medaille für die Bundeswehr zu stiften - genauer gesagt, einen Orden für | |
die kämpfende Truppe. Der Bundespräsident, für die Stiftung wie für die | |
Verleihung von Orden und Ehrenzeichen zuständig, hat bereits zugestimmt. An | |
diesem Wochenende sollen die ersten Kämpfer mit der Medaille geehrt werden. | |
Das neue Ehrenzeichen heißt Gefechtsmedaille. Es stellt sich als | |
Sonderstufe der bereits existierenden Einsatzmedaille der Bundeswehr dar | |
und soll nur an jene Soldaten verliehen werden, die "mindestens einmal | |
aktiv an Gefechtshandlungen teilgenommen oder unter hoher persönlicher | |
Gefährdung terroristische oder militärische Gewalt erlitten haben". Zu | |
Guttenberg will damit den Unmut jener soldatischen Kräfte besänftigen, für | |
die die gegenwärtige Einsatzmedaille keinerlei militärischen Wert besitzt. | |
Wird sie doch unterschiedslos an das gesamte Personal ausgegeben, das an | |
Auslandseinsätzen teilgenommen hat. Sodass gar kein Unterschied zwischen | |
dem Feldkoch gemacht wird, der naturgemäß stets im Feldlager verbleibt, und | |
jenen Tapferen, die auf Partrouillenfahrt immerzu der Angriffe des Feindes | |
gegenwärtig sein müssen. | |
Ersehnte Feindberührung | |
Überhaupt muss festgehalten werden, dass das in der Bundeswehr | |
jahrzehntelang in Gebrauch befindliche System der Orden und Ehrenzeichen | |
dem neuen, über den ganzen Erdball gespannten Aufgabenbereich der deutschen | |
Streitkräfte geradezu verzweifelt unangemessen war und ist. Sah es doch | |
ursprünglich vor, dass das Ehrenkreuz der Bundeswehr sich vor allem am | |
Ideal des pflichtbewussten Beamten orientierte. Wer zehn Jahre diente, | |
durfte das Ehrenkreuz in Silber in Empfang nehmen, wer es auf dreißig Jahre | |
brachte, erhielt die Auszeichnung in Gold. | |
Um aber den allzu deutlichen Sesselhocker-Eindruck dieser Orden zu | |
vermeiden, wurde sowohl die Ausfertigung in Gold wie in Silber in roter | |
Umrandung und ohne Mindestdienstdauer verliehen, wenn eine hervorragende | |
Leistung vollbracht worden war. Ohne Lebensgefahr in Silber, unter | |
Lebensgefahr in Gold. | |
Trotz dieser Kautele war der Praxis bei der Verleihung der Ehrenkreuze | |
anzumerken, dass die Ehrenkreuzträger unter den beiden ersten Generationen | |
der Berufs- und Zeitsoldaten der "alten" Bundesrepublik vom Eintritt in die | |
Bundeswehr bis zur Pensionierung ohne die ersehnte Feindberührung hatten | |
verbringen müssen. Ein kollektives Schicksal, das noch der Bearbeitung | |
durch die Psychohistorie harrt. | |
Dies änderte sich, als die neue Militärstrategie von Bundeswehr und Nato | |
ein quasi unbegrenztes Feld militärischer Einsätze eröffnete. Es war noch | |
unter der Ägide das Verteidigungsministers Jung, eines um die Hebung | |
soldatischen Geistes verdienten Zivilisten, dass eine Tapferkeitsmedaille | |
kreiert und Juli 2009 zu ersten Mal verliehen wurde. Zur Begründung dieses | |
Ehrenkreuzes für Tapferkeit (ohne Mindestdienstdauer) wurde ausgeführt, es | |
ehre "Einzelleistungen, die weit über das erwartete Maß an Tapferkeit im | |
Rahmen der Pflichterfüllung hinausgehen". Als Erstes wurden Soldaten | |
geehrt, die ihre Kameraden nach einem Selbstmordanschlag nahe Kundus | |
gerettet hatten. Dieser Orden (in Gold und roter Umrandung) verfügt | |
außerdem über ein Eichenlaub, das an der Bandschnalle zu tragen ist. | |
Unbedarfte Beobachter der Ordensszene könnten jetzt einwenden, wozu es die | |
neue Gefechtsmedaille braucht, wo doch die Tapferkeitsmedaille von 2009 den | |
militärischen Einsatz der Soldaten hinreichend berücksichtigen würde. Aber | |
dieser Einwand verfehlt die eigentliche Begründung der neuen Medaille. Es | |
geht darum, den Kampf unter Einsatz des Lebens wieder als die eigentliche | |
Quintessenz des soldatischen Lebens zu etablieren. Endlich sich von der | |
haltlosen Ideologie zu verabschieden, wonach der Einsatz deutscher Soldaten | |
in Afghanistan und anderswo dem Brunnenbohren, der Errichtung von | |
Krankenhäusern und deren militärischer Absicherung diene. | |
Es geht um Krieg, ums Töten und Getötetwerden. Zwecks Popularisierung soll | |
die Gefechtsmedaille breit gestreut werden. Und deshalb entsprach es auch | |
kluger Voraussicht, dass die Gefechtsmedaille posthum verliehen werden | |
kann. So können auch die Hinterbliebenen in der Ehrung Trost finden. Denn | |
für die militärische Ehrung der Lebendigen wie der Toten gilt allgemein die | |
schon von Carl von Clausewitz vorgetragene Einsicht: Je dünner die | |
Legitimation für einen militärischen Einsatz und je ungewisser sein | |
glückliches Ende, desto größer der Bedarf an überhöhenden symbolischen | |
Formen. | |
Gold zu Eisen | |
Was mit der Tapferkeitsmedaille begonnen wurde, setzt sich nunmehr mit der | |
Gefechtsmedaille fort: Wir erleben die Rehabilitation des wichtigsten | |
deutschen Kriegsordens, des Eisernen Kreuzes. Nicht dass die Erinnerung an | |
das Kreuz verpönt gewesen wäre. Die Ehrenkreuze der Bundeswehr gemahnten im | |
Aussehen an das Eiserne Kreuz ebenso wie das Logo auf deren Panzern, | |
Flugzeugen und Kriegsschiffen. Aber dennoch ist die Rehabilitierung des | |
Ordens mühevoll gewesen. Er zierte zwar, besonders in Form des | |
Ritterkreuzes, manche Politikerbrust seit den fünfziger Jahren, aber ihm | |
haftete stets ein Image-Problem an: Das Eiserne Kreuz war (vor allem in | |
seiner minderen zweiten Klasse) nicht nur zu Hunderttausenden unter die | |
Landser gestreut worden. Es wurde auch - und dies nicht zu knapp - an die | |
Massenmörder der SS-Einheiten und Polizeibataillone verliehen. Dies der | |
Grund, warum die Alliierten nach der Kapitulation ein generelles | |
Ordensverbot erließen. | |
Dabei war das Eiserne Kreuz von dem preußischen König Friedrich Wilhelm | |
III. als egalitärer, jedem zugänglicher Orden anlässlich der | |
Befreiungskriege gegen Napoleon gestiftet worden. "Gold gab ich für Eisen" | |
lautete die Parole, unter der selbstlos Adels- und Bürgersfrauen ihr | |
Geschmeide für einfachen Eisenschmuck hingaben. Und aus Eisen sollte auch | |
der Orden der Freiheitskämpfer bestehen. | |
Ernst Moritz Arndt dichtete, "der Gott, der Eisen wachsen ließ, der mochte | |
keine Knechte". An diese freiheitliche Tradition des Bürgersinns sollten | |
wir uns anschließen. Hartnäckige Gegner des Eisernen Kreuzes unter den | |
Linksalternativen sollten ferner bedenken, dass ihr Berliner Lieblingsort | |
Kreuzberg den Namen des Eisernen Kreuzes trägt. Das Viertel wurde nach dem | |
von Schinkel geschaffenen Denkmal umbenannt, das der Stiftung des Eisernen | |
Kreuzes gewidmet war. | |
Orden ehren ihre Träger, spornen zur Nachahmung ihrer Heldentaten an. Sie | |
helfen darüber hinaus, das Ansehen des Staates, der die Orden verleiht, zu | |
erhöhen. Der Staat straft nicht nur die Bösen, sondern belohnt auch die | |
Guten, die sich auf dem Schlachtfeld um das Gemeinwohl verdient gemacht | |
haben. | |
Es ist deshalb ganz unverständlich, wenn sich im Namen des Republikanismus | |
und der Bürgertugend nach wie vor manche Gemeinwesen gegen die Verleihung | |
und das Tragen von Orden aussprechen. Im Falle Hamburgs wurde der | |
ordenfeindliche Bürgerstolz bereits geknickt. Sodass die Schweizer | |
Eidgenossenschaft als Ort eines heillosen, falsch verstandenen | |
Traditionalismus als einziger ordenphober Staat übrig bleiben wird. | |
Kein Wunder, dass der letzte Krieg, den die Eidgenossen gegen einen äußeren | |
Feind geführt haben, mittlerweile rund 550 Jahre zurückliegt. | |
26 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
Christian Semler | |
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Veteranen | |
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