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# taz.de -- Klubkultur: Damals im Knaack
> Heute Abend öffnet der Knaack Klub das letzte Mal. Zum Abschied ein paar
> Erinnerungen an prächtige Konzerte und andere Höhepunkte des Ostberliner
> Klub-Lebens nach dem Mauerfall.
Bild: Nach 58 Jahren bleiben die Klub-Pforten an der Greifswalder Straße für …
Weil es in Prenzlauer Berg noch keine Telefone gab, hatten wir unser Kommen
per Postkarte ankündigen müssen. Nach einer beschwerlichen Nacht auf dem
Dielenboden einer Butze in der Lychener Straße zogen wir in den Westen um,
nur um abends mit unserem weißen Mercedes wieder in den aufregenderen Teil
der Stadt zu fahren. Die Mauer war gerade vier Jahre gefallen, im Osten der
Stadt war alles billiger als im Westen, und so fuhren wir durchs
Brandenburger Tor, hingen im Tacheles und im Obst und Gemüse ab und fuhren
schließlich in die Greifswalder, zum Knaack.
Die Greifswalder war eine staubige, graue Straße. Neben dem Eingang gab es
einen Kiosk, an dem wir das erste Bier und ein paar von diesen seltsamen
Ostzigaretten erstanden. Karo. Sie schmeckten furchtbar. Der Knaack Klub
bestand nicht nur aus dem bekannten Konzertraum, sondern hatte sozusagen
drei "Floors". In dem Sinne war es ein typischer 90er-Jahre-Club, nur dass
kein Techno lief. Im obersten Geschoss des Quergebäudes gab es eine
Mainstreamdisco, wo R.E.M. oder U2 gespielt wurden, im Konzertraum spielte
irgendeine Punkband, und unten im Keller des Seitenflügels gab es HipHop.
Die Beastie Boys und Cypress Hill waren gerade das Nonplusultra, also
tanzten wir dort.
Der Sammelraum war natürlich der Hinterhof. Hier saß man herum und kiffte,
trank Bier, lernte sich kennen. Es war die Zeit, als Berlin eine
wiedervereinte Ruine war, historisch interessant, atmosphärisch
überwältigend, ansonsten nicht weiter von Belang. Den Knaack Klub habe ich
aber nie vergessen. Dort habe ich einige sehr prächtige Konzerte gesehen.
Zweimal Holly Golightly, American Analog Set, Girls Against Boys.
Damit ist es jetzt vorbei. Nach mehr als 58 Jahren schließt der Knaack
Klub. Es ist nicht so, dass er, der schon in der Frühzeit der DDR als
"Ernst Knaack Klub" (benannt nach dem kommunistischen Widerstandskämpfer)
für die Bespaßung der Jugend sorgte, abgewirtschaftet hätte. Aber das
Umfeld hat sich komplett geändert. Die neubürgerliche Schicht hat Einzug
gehalten, es wurden Wohnhäuser gebaut und bezogen, dann kamen die
Beschwerden wegen des Lärms und dann die Klagen. Der Knaack Klub hat
versucht zu reagieren. Hat eine neue Anlage bestellt und sich um den
Lärmschutz gekümmert. Der Konzertbetrieb wurde eingeschränkt. Auf die Dauer
macht das alles natürlich keinen Spaß. Jetzt schließt der Klub - die letzte
Bastion der Jugendkultur in Prenzlauer Berg - seine Pforten. RENÉ HAMANN
3 Dec 2010
## AUTOREN
René Hamann
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