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# taz.de -- Ghanas schneller Aufstieg: Plötzlich das reichste Land Westafrikas
> Die Wirtschaft boomt, jetzt revidiert der Staat die Zahlen und verdoppelt
> mit einem Federstrich das Bruttosozialprodukt.
Bild: Die älteren Kinder müssen beim Fischfang helfen.
ACCRA taz | Jetzt ist es offiziell: Ghana gehört nicht mehr zur Gruppe der
ärmsten Länder der Welt. Das ghanaische Statistikamt hat neue Zahlen
herausgegeben, wonach das Bruttosozialprodukt des Landes fast doppelt so
groß sei als bisher angenommen. Es betrage im laufenden Jahr 44,8
Milliarden Cedi, nicht 24,1 Milliarden, also 30,3 Milliarden US-Dollar
statt wie bisher angenommen 17,1 Milliarden. Bei einer Bevölkerung von
etwas über 24 Millionen Menschen ergibt das ein Pro-Kopf-Einkommen von
1.300 statt 700 US-Dollar im Jahr.
Das hat alle möglichen positiven Konsequenzen. Haushaltsdefizit und
Handelsbilanzdefizit sind viel kleiner als vorher, ebenso die Schuldenlast.
Seit mindestens fünf Jahren sei die ghanaische Wirtschaft unterschätzt
worden, sagte die Chefstatistikerin der ghanaischen Regierung, Grace
Bediako.
Bisher basierten die Wirtschaftsdaten des Landes auf einer Fortschreibung
von Basisdaten aus dem Jahr 1993; nun wurde 2006 als neues Basisjahr
gewählt. Damit konnten die vielen neuen Wirtschaftssektoren dieser Zeit mit
eingerechnet werden: Informations- und Computertechnologie, Mobilfunk,
Bankwesen, Tourismus und Dienstleistungen überhaupt.
All dies bedeutet eine veränderte Berechnungsgrundlage für
Wirtschaftsstatistiken. Ghanas Wachstumsrate wurde bisher für die Jahre
2008 und 2009 mit jeweils 7,2 und 5,9 Prozent angegeben; nach den neuen
Daten waren es 8,4 und 6,6 Prozent. "Der erfolgreiche Abschluss der
Neuberechnung hat die Kohärenz und Verlässlichkeit unserer Schätzungen
verbessert und ihre Relevanz vergrößert", freute sich Bediako.
Früher dominierte die Landwirtschaft Ghanas Wirtschaft; heute sind es
Dienstleistungen, und wenn ab Mitte Dezember die Ölförderung vor der Küste
einsetzt, kommt eine neue starke Wachstumsbranche dazu.
Aber die Opposition und manche Beobachter kritisieren die Umschreibung der
Statistik und weisen darauf hin, dass Ghana mit dem Aufstieg zu einem Land
mittleren Einkommens die Vorzüge verliert, die den ärmsten Ländern der Welt
beim Umgang mit ihrer Auslandsschuldenlast gewährt werden. Ghana sei nun
kein hochverschuldetes armes Land (Highly Indebted Poor Country - HIPC)
mehr, sondern ein moderat verschuldetes mittleres Land (Moderately Indebted
Middle Income Country - MIMIC) mehr, höhnte ein Oppositionspolitiker.
Franklin Cudjoe, Direktor des politischen Fortschungsinstituts Imani-Ghana,
sagt, dies werde für das Land Nachteile bringen, zumal nun die Qualität
ghanaischer Wirtschaftsdaten verstärkt infrage gestellt werden dürfte. "So
macht man das nicht", sagt er. "Man kann nicht einfach aufwachen und so
etwas verkünden und sagen, man sei plötzlich angekommen. Wirtschaftsdaten
sind eine ernste Angelegenheit." Die Öffentlichkeit werde jetzt viel mehr
von der Regierung erwarten. "Außerdem ist es gefährlich, unsere noch gar
nicht quantifizierten Ölreserven in die Datenbasis für die Wirtschaftsdaten
einzurechnen. Die Regierung hat ja selbst vor überhöhten Erwartungen an das
Öl gewarnt."
Immerhin wird Ghana nun per Federstrich zum reichsten Land Westafrikas,
nachdem es bereits von der Weltbank als weltbester Reformer beim Zugang zu
Krediten und als Westafrikas bestes Land für Geschäfte genannt wurde. Da
Ghana nächstes Jahr durch die Aufnahme der Ölförderung Afrikas höchstes
Wirtschaftswachstum erzielen dürfte, ist ein gutes Image dringend nötig.
Die internationale Antikorruptionsorganisation Transparency International
stellt Ghana in die unterste Länderkategorie, was Transparenz im Umgang mit
Rohstoffeinnahmen angeht.
3 Dec 2010
## AUTOREN
Amos Safo
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