Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- SCHEINEHE: Echtheit der Ehe auf dem Prüfstand
> 116 Fragen stehen im Katalog der Innenbehörde, den Paare unter
> Scheinehe-Verdacht beantworten müssen. Anwalt Jörg Wegner hält das für
> rechtspolitisch fragwürdig
Bild: Testfrage für echte Ehen: Welches Wetter war am Hochzeitstag?
Eigentlich ist er Verschlusssache, der taz aber liegt er vor: Der
Fragebogen "zur Feststellung der ehelichen Lebensgemeinschaft" der Bremer
Innenbehörde. Beantworten müssen den all jene binationalen Paare, die die
Ausländerbehörde verdächtigt, eine Scheinehe zu führen.
116 Fragen stehen auf der Liste. Will die Behörde zudem wissen, ob ein Paar
mit Kindern eine Erziehungsgemeinschaft ist, kommen 20 Fragen hinzu.
Darunter Fragen zur Eheschließung - etwa dem Wetter am Tage der Hochzeit -,
Arbeit und Ausbildung des Partners oder dem gemeinsamen Freizeitleben.
Von dem Prozedere betroffen sind Ehepaare, bei denen ein Ehepartner den
Aufenthaltstitel beantragen kann, weil der andere die deutsche
Staatsangehörigkeit besitzt. Eine "Scheinehe" führen sie laut
Bundesverwaltungsgericht, wenn sie geheiratet haben, um der ausländischen
PartnerIn "ein sonst nicht zu erlangendes Aufenthaltsrecht zu verschaffen".
Verdächtig erscheinen dabei Paare mit großem Altersunterschied, Paare, die
an unterschiedlichen Orten wohnen oder bei denen die ausländische PartnerIn
vor der Ehe illegal oder geduldet in Deutschland gelebt hat.
Wie häufig Paare in Bremen verdächtigt werden, wird nicht erfasst, erklärt
der Sprecher der Innenbehörde, Rainer Gausepohl. Bundesweit kennt man
durchaus Zahlen: Laut Innenministerium wurde in 2009 gegen 1.698 Personen
ermittelt.
Bei binationalen Paaren werde in Bremen aber "fast grundsätzlich" eine
Scheinehe vermutet, sagt Jörg Wegner, Vorsitzender des Verbandes
binationaler Familien und Partnerschaften (IAF). Ein Verdacht, der schwer
zu erhärten ist. Einziges Mittel der Ausländerbehörde, so Wegner, sei die
Befragung. Und das hält er für "rechtspolitisch fragwürdig". Gibt es bei
den über 100 Fragen Widersprüche, gilt das als Beweis. "Bei frisch
verheirateten Paaren ist es durchaus üblich, dass sie nicht alles
voneinander wissen", sagt er. Die Fragen seien gezielt darauf angelegt,
"Widersprüche zu produzieren".
Entsprechend groß ist Angst vor einer Befragung, so Wegner. Richtig könnten
die Paare es allerdings kaum machen: Machen sie widersprüchliche oder gar
keine Angaben, heiße es, sie würden sich nicht kennen. Haben sie viele
Übereinstimmungen, werde unterstellt, sie hätten sich vorbereitet, um eine
Scheinehe zu vertuschen. "Viele, die unbefangen in die Befragung gehen,
wundern sich, was am Ende daraus gemacht wird", sagt er.
Wegner rät, nach einer Befragung auf eine zügige Entscheidung der
Ausländerbehörde über den Aufenthalt zu drängen, um im Falle einer
Ablehnung zu klagen. Dann stehen die Chancen gut: "In den letzten zehn
Jahren habe ich einen einzigen Fall erlebt, bei dem es vor Gericht bei
einer Ablehnung geblieben ist".
Die Innenbehörde versucht natürlich zu verhindern, dass sich die Paare
vorbereiten können: "Es liegt auf der Hand, dass man die Fragen auf die
individuellen Personen anpassen muss", kommentiert Sprecher Gausepohl die
publik gewordene Verschlusssache.
15 Dec 2010
## AUTOREN
Teresa Havlicek
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.