# taz.de -- Zu wenig Studienplätze in Deutschland: Platzangst an der Uni | |
> Zwei Abiturjahrgänge drängen an die Hochschulen und ab Juli wird auch | |
> noch die Wehrpflicht ausgesetzt. An den Universitäten wird es ziemlich | |
> eng. Doch Bund und Länder warten erstmal ab. | |
Bild: Die Plätze reichen nicht für alle Studienanfänger – weder an der Uni… | |
Für Niels Niedermaier wird es eng im kommenden Jahr. Der 17-Jährige gehört | |
zum ersten Jahrgang, der in Bayern sein Abitur nach acht Jahren ablegen | |
wird. Nach dem Abitur will Niedermaier studieren. Doch um die Studienplätze | |
an den bayerischen Universitäten gibt es eine harte Konkurrenz. Denn im | |
Freistaat absolvieren im kommenden Jahr zwei Jahrgänge parallel das Abitur | |
- nach neun und nach acht Jahren. | |
Überraschend kommen nun auch noch diejenigen Abiturienten hinzu, die den | |
Unis dank Wehrpflicht oder Zivildienst bislang zunächst erspart gewesen | |
wären. "Die Studienplätze werden auf gar keinen Fall reichen", ist | |
Niedermaier sicher. Viele seiner Mitschüler überlegten, ob sie überhaupt | |
studieren sollen. | |
Die Situation in Bayern ist symptomatisch. Alle Bundesländer haben in den | |
ersten Jahren des Jahrtausends die Zeit bis zum Abitur von neun auf acht | |
Jahre verkürzt - damit die Jugendlichen früher anfangen zu studieren und | |
schneller fertig sind. Doch die Folgen des Turbo-Abis und der doppelten | |
Abiturjahrgänge wurden überall unterschätzt. | |
Zwar haben Bund und Länder in zwei Hochschulpakten vereinbart, zusätzliche | |
Studienplätze zu schaffen, doch ihre Prognosen wurden von der Wirklichkeit | |
übertroffen. Allein von 2007 bis 2010 immatrikulierten sich 65.000 | |
Jungakademiker mehr als erwartet. Und die Studierquote steigt weiter - | |
jüngst von 43 auf 46 Prozent eines Altersjahrgangs. Ein neuer Rekord. | |
Nicht einkalkuliert haben Bund und Länder zudem Karl-Theodor zu Guttenberg | |
(CSU), der als Verteidigungsminister die Wehrpflicht abschaffte. Nach | |
Berechnungen der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz, in der Bund und Länder | |
ihre Hochschulpolitik abstimmen, kommen damit ab März bis zu 59.000 junge | |
männliche Studienanfänger zusätzlich an die Hochschulen. | |
Um deren Klappsessel, Betreuer und Seminare zu finanzieren, einigte sich | |
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Länderchefs am Mittwoch darauf, dass | |
Bund und Länder bis zu 1,5 Milliarden Euro ausgeben. Jede Studentin und | |
jeder Student ist uns willkommen", freute sich Bundesbildungsministerin | |
Annette Schavan (CDU). | |
Doch noch verhandeln Bund und Länder, ob sie diese Milliarden zusätzlich | |
ausgeben oder nur innerhalb des schon vereinbarten Hochschulpakts | |
umverteilen. "Der jetzige Pakt ist deutlich unterfinanziert", kritisiert | |
denn auch SPD-Bildungsexperte Swen Schulz. Und Kai Gehring von den Grünen | |
rechnet damit, dass mindestens 450.000 zusätzliche Studienplätze vonnöten | |
seien. Doch im Hochschulpakt planen Bund und Länder für die nächsten vier | |
Jahre nur Plätze für 275.000 neue Jungakademiker ein. Die Präsidentin der | |
Hochschulrektorenkonferenz Margret Wintermanthel insistiert daher: "Bund | |
und Länder müssen sicherstellen, dass für alle zusätzlichen Studienanfänger | |
die notwendigen Mittel bereitstehen." | |
Dass die Plätze nicht ausreichen werden, zeichnet sich in Bayern bereits | |
ab. Wer sein Abi nach neun Jahren in der Tasche hat, soll sich bereits im | |
März immatrikulieren - obwohl die Abiturzeugnisse erst im Juli überreicht | |
werden. Außerdem hat die CSU-FDP-Regierung vorsorglich mit der | |
Ludwig-Maximilians-Universität in München vereinbart, abgewiesenen | |
Studenten ein Überbrückungsangebot mit Praktika, Sprachkursen oder | |
EDV-Kursen zu ermöglichen. | |
17 Dec 2010 | |
## AUTOREN | |
A. Lehmann | |
M. Schulz | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Hochschulförderung vom Bund: Leere Kasernen, volle Hörsäle | |
Die Regierung sagt den Ländern Aufschläge auf den Hochschulpakt zu. Mit dem | |
Geld sollen Studienplätze für junge Männer entstehen, die nicht zum Bund | |
müssen. | |
Mangel an Studienplätzen: Dann geh doch rüber! | |
Wegen der doppelten Abi-Jahrgänge werden Studienplätze knapper. Ministerin | |
Schavan will daher den Hochschulpakt aufstocken und Studenten den Osten | |
schmackhafter machen. | |
Humboldt-Universität: Es war einmal eine überfüllte Bibliothek | |
Seit der Eröffnung ist das Grimm-Zentrum überlaufen. In der | |
Zentralbibliothek der Humboldt-Universität gibt es darum nun VIP-Plätze für | |
eigene Studenten und Parkuhren für die Pausen. |