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# taz.de -- Bundesliga-Halbzeitbilanz: Reife, Herz und ein Rätsel
> Eine durchaus ungewöhnliche Halbserie geht zu Ende. Und drei Männer sind
> besonders aufgefallen.
Bild: Eins bleibt, wie's war: Der Ball ist rund.
Der Innenverteidiger mit äußerster Weitsicht
DORTMUND taz | Nach dem Scheitern in der Europa League vermutete Borussia
Dortmunds Jürgen Klopp, dass "einige Schlaumeier" etwas von fehlender
internationaler Erfahrung schreiben werden. Nun verlor der BVB das letzte
Hinrunden-Spiel der Bundesliga mit 0:1 bei Eintracht Frankfurt. Die
Schlaumeier, so es sie denn gibt, werden daraus schließen, dass der
Borussia zum Ende hin die Luft ausgegangen ist.
"Im Fußball handelst du immer nur mit Wahrscheinlichkeiten", sagt Dortmunds
Sportdirektor Michael Zorc. Es kann sein, dass der BVB in der Rückrunde
einbrechen wird. Aber es ist wahrscheinlicher, dass er zum siebten Mal
Deutscher Meister wird. Dafür sprechen der deutliche Vorsprung und die Art
und Weise, wie er herausgespielt worden ist. Der von Klopp geprägte Begriff
der Vollgasveranstaltung führt in die Irre. Denn es gibt kaum eine
Mannschaft, die defensiver orientiert ist als die Borussia. Nur ist
defensiv nicht mit vorsichtig zu verwechseln. Der Treffer des Frankfurters
Theofanis Gekas am Samstag (87. Minute) war erst der zehnte in dieser
Saison, der einem BVB-Gegner gelang. Würden sich Schlaumeier finden, die
gewonnene Kopfballduelle oder Grätschen in höchster Not zählen, wäre Mats
Hummels ein ernsthafter Kandidat für den BVB-Spieler der Hinrunde.
Der Innenverteidiger ist am vergangenen Freitag 22 Jahre alt geworden. Er
wirkt auf dem Platz und vor den Mikrofonen reifer. Die Grundausbildung im
Elternhaus zeigt Wirkung. Mutter Ulla ist Sportjournalistin, Vater Hermann
arbeitet seit vielen Jahren für die Jugendabteilung des FC Bayern. Dort
ärgern sie sich, dass sie Mats Hummels an den BVB ausgeliehen und später
für etwa 5 Millionen Euro verkauft haben. Angeblich wollen sie den Fehler
bald korrigieren. "Ich weiß davon nichts. Das ist Sache zwischen den
Vereinen", sagt Hummels. Er verzichtet auf Treuebekenntnisse, die ihn
kurzfristig zum Liebling in den Internetforen der BVB-Fans machen würden.
Dass Hummels, wann auch immer, zu einem größeren Verein wechseln wird, ist
genauso wahrscheinlich wie eine Zukunft in der Nationalmannschaft. Hummels
war sauer, dass er nicht schon bei der WM in Südafrika dabei war, aber
schlau genug, seine Enttäuschung moderat zu äußern.
Hummels hat einen genauen Plan, wie es mit ihm und dem BVB weitergehen
soll. Dass er ihn für sich behält, spricht für ihn. Irgendwann kommt der
richtige Zeitpunkt für eine öffentliche Aussage. Das Timing wird bestimmt
besser sein als das für die erste Auswärtsniederlage der Borussia in dieser
Saison. Hummels schrieb bei Facebook: "AAAAAAAAAH VERDAMMT!! Das hätts
wirklich nicht gebraucht …" MARCUS BARK
Spektakuläre Mannswerdung
MÜNCHEN taz | Es war sein Jahr, gar keine Frage. Da konnten die Müllers,
Özils und Badstubers noch so nassforsch die Etablierten an die Wand
spielen, 2010 war das Jahr des Bastian Schweinsteiger. Dass dieser Bursche
ein famoser Kicker ist, war ja längst bekannt. Aber im Alter von 25 Jahren
wurde Schweini nun endlich zum Schweinsteiger. Ein Münchner Boulevardblatt
ernannte ihn gar schon zum "Chefsteiger".
Vom ewigen Teenager zum Mann. Zu einem Typen. Einem, der mittendrin steht
im Geschehen, nicht nur an der Seitenlinie. Und zu einem, der auch den Mund
aufmacht. Gern auch mal zu eher heikleren Themen wie zum Beispiel den
Umgang mit dem verletzten Kapitäns-Platzhirschen Michael Ballack. Dass er
mit seiner demonstrativen Pro-Ballack-Haltung ausgerechnet dem
Mannschaftskollegen und Ballack-Stellvertreter Philipp Lahm ein wenig auf
die Füße stieg, war ihm reichlich wurscht. Schuld an der recht
spektakulären Mannwerdung war vor allem Louis van Gaal.
Der Bayern-Coach schob Schweinsteiger von außen nach innen, auf die
Sechserposition - was sich für den Klub, den Spieler und auch die
Nationalmannschaft als absoluter Glücksgriff erweisen sollte. Neben Mark
van Bommel beziehungsweise Sami Khedira konnte der für die Außenbahn nicht
ausreichend schnelle Techniker sowohl defensiv als auch offensiv seine
Fähigkeiten völlig zur Entfaltung bringen - und das auch bei den großen,
wichtigen Spielen bei der Weltmeisterschaft und in der Champions League.
Ein grundlegender Unterschied zum ehemaligen Sommermärchen-Spezl Lukas
Podolski, der meist nur gegen tendenziell schwächere Gegner traf.
Mittlerweile traut van Gaal dem Sechser Schweinsteiger sogar den Zehner zu:
die Spielmacherrolle. Auch dort wusste er zuletzt durchaus zu überzeugen
und hatte an der wundersamen Torjägerwerdung des
Nationalmannschaftskollegen Mario Gomez einen nicht gerade unerheblichen
Anteil. Zudem gilt Bastian Schweinsteiger als "emotionaler Leader" seiner
Teams, wurde von den Großen der Branche umworben - und entschied sich nun
doch für einen fürstlich dotierten "Rentenvertrag" bei seinem FC Bayern. Da
kann man sich schon mal nach dem Spiel vor der Südkurve aufbauen und die
frohe Botschaft per Stadionmikro verkünden: Herz schlägt Rot und so. Großes
Tennis.
Vor einem Jahr haben sie ihn bei der Jahreshauptversammlung noch
ausgepfiffen, diesmal waren ihm die Ovationen der Bayern-Fans sicher. Und
daran wird sich wohl auch so schnell nichts ändern. Auch wenn es diesmal
wohl nichts wird mit Meisterfeier, Rathausbalkon und Autokorso. THOMAS
BECKER
Chapeau, Mirko!
BERLIN taz | Zweifel seien auch ihm gekommen, sagte Dieter Hoeness, der
Manager der Berliner Hertha - ähm - des VfL Wolfsburg, und zwar am Trainer,
an Steve McClaren. Solche Einwände könnte man opportun nennen, aber Hoeneß
ist zeit seiner Karriere nicht als sonderlicher Trainerverweser
aufgefallen.
McClaren hat keinen guten Stand mehr in Wolfsburg, und ganz besondere
Kenner der Materie melden sich nun zu Wort und meinen, sie hätten schon
immer gewusst, dass es mit dem Engländer nichts werden könne. Das ist
ziemlich wohlfeil, denn Steve McClaren ist ein sehr passabler
Bundesligatrainer, mit dem Unterschied, dass er kein Deutsch kann.
Vielleicht ist er einfach zu bescheiden: Bayern-Coach Louis van Gaal lässt
sich noch heute gern für seinen Meistertitel mit AZ Alkmaar einen
eingießen, McClaren wurde Meister mit Enschede, doch niemand käme auf die
Idee, ihn deswegen unter Genieverdacht zu stellen.
Die Trainer: Auch in diesem Winter haben sie einen schweren Stand. Aber es
gibt ja wenigstens den einen oder anderen, der erfreut. Da ist natürlich
Kloppo Klopp, auch Niedersachsen ist ein Thema für sich. Da wäre nämlich
auch noch Hannover 96, ein Klub, der in der Nähe der Champions-League-Ränge
überwintern wird. Bald holen den Kloppo ja sowieso die Bayern, und wenn er
dann schon beim DFB ist, dann kommt eben der Tuchel-Thomas, der nicht ganz
so unangenehm bescheiden aufschneidet wie der Kloppo.
Mehr Perspektive hat möglicherweise die Zusammenarbeit von Hannover mit
Mirko Slomka, den erst gar keiner mehr haben wollte. Der Fußballlehrer ist
zwar kein Visionär nach van Gaalscher Definition, doch er macht trotzdem
einen guten Job. Ungeachtet der Niederlage vom Wochenende ist es die beste
Hinrunde der Vereinsgeschichte, und vielleicht bewahrheitet sich ja, was
schon in Schalke zu beobachten war: Mit einem Mirko Slomka steht man am
Ende mindestens auf Platz drei.
Was dran ist an Slomka? Bisher hat niemand sein Geheimnis ergründen können,
Beobachter merken allerdings an, dass es in seiner Fähigkeit zur
Mannschaftsbildung und einer grundsoliden Defensivtaktik bestehen könnte.
Einem Mirko Slomka wird selten richtig eingeschenkt, und deshalb heißt es
von hieraus: Chapeau! Noch besser hat es allerdings der VfB Stuttgart
gemacht. Bruno Labbadia soll jetzt erst mal in dieser Woche die Bayer aus
dem Pokal hauen, er wird mit Sicherheit der beste VfB-Trainer der letzten
Jahre - für drei, vier Monate, vielleicht auch sechs Monate. War bisher
nämlich jedes Jahr so, wenn einer entlassen wurde. Aber das ist eine andere
Geschichte. STEFAN OSTERHAUS
19 Dec 2010
## AUTOREN
M. Bark
Th. Becker
St. Osterhaus
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