# taz.de -- Windows Phone 7 auf dem Markt: Microsoft versucht's nochmal | |
> Mit "Windows Phone 7" hat der Softwareriese nun endlich wieder ein | |
> konkurrenzfähiges Betriebssystem für smarte Handys im Angebot. Das | |
> Problem: Er kommt viel zu spät. | |
Bild: Kann nix, was andere nicht auch können: Das Windows Phone 7. | |
Die Zahl klang eigentlich recht gut: 1,5 Millionen "Windows Phone 7"-Handys | |
hätten Microsofts Partner in sechs Wochen ausgeliefert, teilte der | |
zuständige Manager Achim Berg am Dienstag mit. Weniger gut: es handelt sich | |
dabei nicht etwa um tatsächliche Verkäufe an Endkunden, sondern schlicht um | |
die Anzahl der Geräte, die die Hersteller an Netzbetreiber ausgeliefert | |
hatten. Diese müssen nicht zwngsläufig auch in Nutzerhand landen. | |
Die kleine Zahlenschönung zeigt, wie sehr man bei dem Softwareriesen darauf | |
erpicht ist, im wichtigen Zukunftsmarkt der Smartphones mitzuspielen, | |
erfolgreich zu sein. Tatsächlich hatte die Sache recht gut begonnen: | |
Windows Phone 7 bekam für ein Microsoft-Produkt erstaunlich gute Kritiken. | |
IT-Experten lobten die schöne neue Oberfläche und die modere Anmutung. Mit | |
der passenden Hardware soll es außerdem schön schnell sein. | |
Die Sachen hat nur einen Haken: der Softwarekonzernist brachte die Technik | |
viel zu spät auf den Markt. Zu lange hatte er auf das veraltete "Windows | |
Mobile" gesetzt, das zuletzt nur noch bei Unternehmen beliebt war oder | |
gleich von Blackberrys oder iPhones verdrängt wurde. Windows Phone 7 sollte | |
deshalb ein absoluter Neustart werden, alle Programme für das alte | |
Smartphone-Betriebssystem wurden über Bord geworfen, eine komplett neue | |
Software musste her. | |
Doch die hat, trotz der innovativen Optik, ihre Tücken, wie Erstkäufer in | |
den vergangenen zwei Monaten feststellen mussten. So fehlen Funktionen, | |
ohne die selbst Gelegenheitsnutzer heutzutage nicht mehr auskommen, etwa | |
die Möglichkeit zum Ausschneiden, Kopieren und Einfügen von Texten. Das | |
heißt, wer unter Windows Phone 7 einen Satz aus einer Anwendung in eine | |
E-Mail einfügen möchte, muss ihn nochmal tippen. | |
Auch Multitasking, also die parallele Verwendung von Programmen, nur bei | |
den systemeigenen Programme möglich, nicht aber bei vom Nutzer | |
heruntergeladene Anwendungen. Die Unterstützung der Multimediatechnik Flash | |
fehlt ebenfalls, genauso wie die Möglichkeit, das Windows-Handy für den | |
Internet-Zugang anderer Geräte zu nutzen. | |
In all diesen Punkten will Microsoft im nächsten Jahr nachrüsten. So ist in | |
den ersten Monaten ein mittelgroßes Update geplant, das vermutlich das | |
Kopieren und Einfügen ermöglichen soll. Etwas später sollen dann größere | |
Probleme angegangen werden - das fehlende Multitasking, beispielsweise. | |
Ein weiterer Schwachpunkt war zunächst Microsofts Softwareladen für Windows | |
Phone 7, der "Marketplace". Dort sollen zwar mittlerweile knapp 4000 | |
Anwendungen bereitstehen, was für eine derart junge Plattform beachtlich | |
ist (das iPhone hat allerdings über 300.000). Auch gibt es Spiele mit recht | |
beeindruckender Grafik - Microsoft nutzt hier seine Erfahrungen bei der | |
Spielekonsole Xbox. Doch im Marketplace gab es anfangs massive Probleme: | |
Entwickler klagten darüber, dass sie keine verlässlichen Statistiken zu | |
Downloads erhielten und Microsofts Abrechnungsweise - das Unternehmen | |
wickelt den gesamten Zahlungsverkehr ab - nicht geschäftsfreundlich sei. | |
Mittlerweile soll in beiden Bereichen nachgebessert worden sein. | |
Doch die kleinen und großen Mängel der Plattform führen dazu, dass | |
Microsoft weiter dem Rest der Branche hinterher hinkt. Google prescht | |
mittlerweile mit seinem Android-Mobilbetriebssystem voran, während Apple | |
kurz vor der Einführung seiner fünften Handygeneration steht: Das iPhone 5 | |
kommt vermutlich im Sommer 2011. Blackberry-Hersteller RIM entwickelt | |
unterdessen ein Tablet für Profis, dessen spezielle Oberfläche bereits | |
Vorablorbeeren sammelte. | |
Microsoft muss deshalb nicht nur im Smartphone-Sektor punkten, der | |
Branchenriese will außerdem auch ins Tablet-Geschäft. Auf der Computermesse | |
CES im kommenden Januar will man zum wiederholten Mal "flache Flundern" | |
vorstellen. Eines der Geräte soll mit einer eigens entwickelten Version des | |
PC-Betriebssystems von Windows laufen. Bis es auf den Markt kommt, wird es | |
allerdings noch dauern: Das "Wall Street Journal" rechnet nicht vor 2013 | |
mit dem speziellen Tafel-Windows. | |
23 Dec 2010 | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
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