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# taz.de -- Technische Studiengänge: Frauen studieren gerne solo
> Frauen und Technik? Da geht noch mehr, meinen einige Unis und bieten
> technische Studiengänge nur für Frauen an, um diese stärker zu ermutigen.
Bild: In einigen Hochschulen, z.B. an der HTW in Berlin, werden in technischen …
Nach dem Abi wird studiert, das war für Sandra Krüger schon immer klar. Als
Kind wollte sie Grundschullehrerin werden, während der Schulzeit hat sie
sich vieles vorstellen können: Recht und Verwaltung oder
Betriebswirtschaftslehre - aber Informatik?
"Ich hatte nie viel mit Computern zu tun, habe noch nie programmiert und
dann mit den ganzen Genies in einem Hörsaal? Da wäre ich mir ja blöd
vorgekommen", erinnert sich die junge Frau. Doch dann fiel ihr eine
Broschüre der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in die
Hände: "FIW - Bachelorstudiengang für Frauen in Informatik und Wirtschaft".
Keine Vorkenntnisse, dafür aber Interdisziplinarität und vor allem: lernen
im Team mit Frauen. Ohne Männer.
Seit einem Jahr bietet die HTW diesen Studiengang an, denn so wie Sandra
geht es vielen jungen Frauen: Die Auswahl des passenden Studiengangs aus
dem großen Angebot fällt ihnen schwer, nur Physik, Technik und besonders
Informatik scheiden von vornherein aus. Im Jahr 2008 war jeder dritte
Erstabsolvent eines MINT-Studiengangs (Mathematik, Informatik,
Naturwissenschaften, Technik) weiblich, dabei könnten die Unternehmen viel
mehr Absolventen einstellen. Um mehr Frauen für MINT-Studiengänge zu
begeistern, bieten einige Fachhochschulen, etwa in Bremen und Stralsund,
Studiengänge nur für weibliche Teilnehmer an.
Juliane Siegeris ist Sprecherin des Frauenstudiengangs Informatik und
Wirtschaft an der HTW in Berlin. Warum Informatik immer noch eine
Männerdomäne ist, erklärt sie sich so: "Es gibt doch dieses Klischee, dass
Männer nicht nach dem Weg fragen, sondern suchen und suchen. Die Frau
versteht das nicht, denkt pragmatisch und erkundigt sich. Genauso ist es
beim Programmieren."
Analog dazu würden Frauen also vor dem Einschalten des Computers
Anleitungen lesen und Fragen stellen und sich dabei dumm vorkommen. Männer
hätten genauso wenig Ahnung, würden aber "einfach mal probieren". Die
Selbstzweifel sollen den Frauen im geschlechtergetrennten Studium genommen
werden: "Wir fangen bei null an. Hier muss keine ein Computergenie sein
oder Vorkenntnisse haben. Das zu kommunizieren ist uns besonders wichtig",
erklärt Siegeris.
Da sie im Hörsaal unter sich bleiben wollen, werden die Studentinnen an der
HTW oft belächelt. Kommentare wie: "Ihr seid wohl zu dumm für einen
normalen Studiengang", hört Sandra häufig. Doch müssten sich Frauen
keinesfalls belächeln lassen. "Wir machen kein Informatik light, sondern
behandeln genau das Gleiche wie in gemischten Studiengängen." Einige
männliche Kommilitonen meinten aber, auch sie fühlten sich diskriminiert.
Werden also Frauen bevorzugt, wenn sie ihre eigenen Studiengänge aufmachen
dürfen.
"Frauenstudiengänge sind zulässig", meint Alexander Noehring vom
Gender-Kompetenz-Zentrum: "Eine positive Diskriminierung aufgrund des
Geschlechts ist möglich, sonst stünden die meisten
Frauenförderungsmaßnahmen auf wackligen Beinen." Ausgangspunkt für eine
gesamteuropäische Rechtsprechung dazu sei das sogenannte "Kalanke-Urteil"
gewesen. Hier hatte ein Mann gegen die bevorzugte Einstellung einer
Mitbewerberin in den öffentlichen Dienst geklagt. Ihm wurde zunächst
stattgegeben, doch einige Zeit später verabschiedete die EU eine neue
Richtlinie zur Chancengleichheit, die positiv diskriminierende Maßnahmen
zulässt.
Trotzdem gibt es auch von weiblicher Seite Kritik an Frauenstudiengängen.
Gabriela Lindemann-von-Trzebiatowski ist Frauenbeauftragte an der HU und
meint: "Es liegt doch nicht an den Universitäten, dass so wenig Frauen
Informatik studieren. Die Gründe dafür sind viel früher zu suchen, in
Familien und Schulen." Die wissenschaftliche Mitarbeiterin in der
Informatik hält nicht viel von der Geschlechtertrennung. Dazu gebe es gar
keinen Grund: "Ungeschickter oder weniger talentiert als Männer sind Frauen
jedenfalls nicht."
Gabriela Lindemann-von-Trzebiatowski stimmt mit den Initiatoren der
Frauenstudiengänge allerdings darin überein, dass der Frauenanteil in den
MINT-Studiengängen stärker gefördert werden muss. "In muslimisch geprägten
Ländern sind beispielsweise mehr als 50 Prozent der Studierenden in der
Informatik Frauen. Dass bei uns in diesem Fach Männer dominieren, ist ein
kulturelles Problem."
26 Dec 2010
## AUTOREN
Wiebke Fröhlich
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