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# taz.de -- Hubertus Heil über Hartz IV-Reform: "Das riecht nach Willkür"
> Die Regierung müsse sich bei Bildungspaket, Mindestlohn und Regelsatz
> bewegen, sagt SPD-Vizefraktionschef Hubertus Heil. Sonst stimme seine
> Partei der Reform nicht zu.
Bild: "Wir müssen jetzt die Konsequenzen ziehen."
taz: Herr Heil, die Hartz-IV-Reform ist im Bundesrat gescheitert, jetzt
sucht der Vermittlungsausschuss nach einem Kompromiss. Unter welchen
Umständen wird die SPD einer Neuregelung zustimmen?
Hubertus Heil: Drei Dinge müssen sich bewegen: Wir brauchen ein echtes
Bildungspaket, etwa durch mehr Schulsozialarbeit, und die Sicherstellung
eines warmen Mittagessens für alle Kinder von Geringverdienern. Zudem
brauchen wir eine transparente Berechnung der Regelsätze und Fortschritte
im Bereich der Mindestlöhne.
Sie fordern eine transparente Berechnung. Wo hat Schwarz-Gelb denn falsch
gerechnet?
Es gibt erhebliche Zweifel, dass das, was Schwarz-Gelb vorgelegt hat, den
Ansprüchen des Bundesverfassungsgerichts entspricht. Es wurden etwa nur die
unteren 15 Prozent der Einkommensbezieher als Bezugsgröße gewählt, bisher
waren es die unteren 20 Prozent. Das riecht nach Willkür.
Mit der Mini-Erhöhung um 5 Euro sind Sie also nicht einverstanden?
Nein. Wir wollen das nachvollziehbar miteinander berechnen. Momentan fährt
Frau von der Leyen die Strategie "Warme Worte, kalte Taten". Ich weiß
nicht, ob ihre aktuellen Äußerungen die Verhandlungen wirklich nach vorn
bringen.
Wie hoch müsste der Regelsatz sein?
Wir setzen zwar keine wilden Zahlen in die Welt, gehen aber davon aus, dass
die Bezugsgröße, die gewählt wurde, nicht stimmt. Das muss man gemeinsam
berechnen, dann kommt auch ein anderer Betrag heraus.
Das klingt nach viel Arbeit. Ist das denn im Januar noch zu schaffen?
Wir haben unsere Vorschläge vor Weihnachten vorgelegt, jetzt muss sich die
andere Seite bewegen, und wir können zu einer schnellen Lösung kommen.
Reicht Ihnen ein Mindestlohn etwa bei der Zeitarbeit aus?
Um den Lohnabstand zu wahren, braucht es den gesetzlichen Mindestlohn.
Dringend braucht die Zeit- und Leiharbeit, aber auch die
Weiterbildungsbranche den Mindestlohn.
Steckt die SPD nicht in einem Dilemma, wenn sie eine Reform, die sie selbst
erfunden hat, jetzt als unsozial geißelt und Korrekturen fordert?
Nein. Karlsruhe hat mit dem Urteil ja der Politik insgesamt ins Stammbuch
geschrieben. Und man muss bedenken, dass damals alle beteiligt waren, CDU
und FDP genauso wie wir und die Grünen. Deshalb muss man jetzt die
Konsequenzen ziehen und darf nicht wieder sehenden Auges in eine
verfassungswidrige Lösung laufen.
Glauben Sie, dass die Menschen Ihnen das abnehmen und die SPD als soziale
Alternative sehen.
Ich bin der Überzeugung, dass die Leute wissen, dass das Thema soziale
Gerechtigkeit bei der SPD besser aufgehoben ist als bei Schwarz-Gelb.
Haben Sie die Latte für Schwarz-Gelb nicht zu niedrig gehängt?
Nein, diese genannten Punkte sind erreichbar, wenn alle Seiten sich
bewegen. Sie sind auch sinnvoll. Am Ende des Tages geht es darum, die
Lebens- und Bildungschancen von Kindern und auch Erwachsenen zu verbessern.
Wie stehen die Chancen, dass man bei der nächsten Verhandlungsrunde Anfang
Januar schnell zu einem Ergebnis kommt.
Das kommt darauf an, ob Schwarz-Gelb dazu bereit ist, auf diese Vorschläge
einzugehen. Frau von der Leyen hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem
sie im Bundesrat Schiffbruch erlitten hat. Wir haben mit den Grünen klare
Vorschläge gemacht. Jetzt müssen die anderen sagen, was geht, und nicht
dauernd, was nicht geht.
27 Dec 2010
## AUTOREN
Paul Wrusch
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