# taz.de -- Atomkraftwerk in Litauen: Zu viel Energie | |
> Es soll nicht sein. Der einzige Interessent für den Neubau eines AKWs in | |
> Litauen zieht sein Angebot zurück. Die Regierung will nicht aufgeben und | |
> den Bau erneut ausschreiben. | |
Bild: Das AKW Ignalina im Nordosten Litauens - stillgelegt 2009. | |
STOCKHOLM taz | Trotz des Scheiterns der ersten Ausschreibung für ein neues | |
Atomkraftwerk hält Litauen an dem Projekt fest. "Das Vorhaben ist damit | |
nicht gestorben", sagt Litauens Vizeenergieminister Romas Svedas: "Wir | |
haben vor, im kommenden Jahr eine neue Ausschreibung zu veranstalten." Ob | |
diese erfolgreicher wird als der erste Versuch, ist aber fraglich. | |
Auf die im Frühjahr 2010 gestartete Ausschreibung für einen neuen Reaktor, | |
den das Land gern als Ersatz für das Ende 2009 auf EU-Druck stillgelegte | |
AKW Ignalina errichten möchte, hatte sich mit der Korea Electric Power | |
Corporation (KEPCO) nur ein Interessent gemeldet - und sein Angebot Anfang | |
Dezember nach zwei Wochen wieder zurückgezogen. | |
Dabei hatte man in Litauen eigentlich mit einem großen Interesse gerechnet. | |
Doch keiner der großen Stromkonzerne aus Deutschland, Frankreich, Schweden | |
oder Spanien gab ein Angebot ab. Erstaunen erregte in Litauen vor allem das | |
Desinteresse der französischen Stromkonzerns EdF, der zusammen mit dem | |
Reaktorbauer Areva im finnischen Olkiluoto und im französichen Flamanville | |
den "Europäischen Druckwasserreaktor" (EPR) baut. | |
Tatsächlich legte aber nur Kepco ein ernsthaftes Angebot vor und bot an, in | |
Litauen zwei Druckwasserreaktoren vom Typ APR-1400 zu liefern. Das | |
teilstaatliche Unternehmen versucht seit einiger Zeit mit agressiver | |
Preispolitik, ein globaler Spieler auf dem Nuklearmarkt zu werden. Im | |
vergangenen Jahr stach Südkorea mit dem APR-1400 sowohl die französische | |
EPR-Konkurrenz wie ein japanisch-US-amerikanisches Konsortium aus und | |
konnte einen Auftrag aus Abu Dhabi zum Bau von vier Reaktoren an Land | |
ziehen - zu einem Stückpreis von unter 4 Milliarden Euro. Die Baukosten des | |
EPR in Flamanville nähern sich dagegen 5 Milliarden, die des extrem | |
verspäteten Neubaus in Olkiluoto liegen sogar über 6 Milliarden Euro. | |
In Litauen hatte Kepco dem Energieministerium zufolge ein "bindendes | |
Angebot" zu "einem attraktiven Fixpreis" vorgelegt. Aber spätestens als ihm | |
auffiel, dass er mit seinem Angebot ganz allein stand, hat der Konzern | |
offenbar Zweifel bekommen, ob das Angebot wirtschaftlich war. Litauen | |
wollte zusammen mit den baltischen Nachbarstaaten und Polen die Hälfte der | |
Investitionskosten aufbringen, für die andere Hälfte sollte der Investor | |
stehen. | |
Weil das AKW in Litauen für den heimischen Bedarf weit überdimensioniert | |
wäre, zielt der Neubau zu einem großen Teil auf den Export. Doch bis zur | |
frühesten Fertigstellung im Jahr 2020 wird es in der Region an | |
konkurrierender Stromerzeugung nicht fehlen: Derzeit wird in allen | |
baltischen Staaten die Windkraft kräftig ausgebaut, Estland setzt massiv | |
auf Ölschieferverstromung. Finnland zielt mit seinem Atomkraftausbau auch | |
auf den baltischen Markt, und Russland und Weißrussland planen eigene AKWs. | |
28 Dec 2010 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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