# taz.de -- FC St. Pauli scheitert vor Gericht: Kampf um den Totenkopf | |
> Der FC St. Pauli wollte die Rechte am Verkauf von Fanartikeln zurück. | |
> Doch vor Gericht scheiterte der Fußballclub. Die Sportvermarkter Upsolut | |
> kassieren weiter 90 Prozent. | |
Bild: Begehrte Ware: Fanartikel des FC St. Pauli. | |
HAMBURG taz | Mitten in der Winterpause der Fußball-Bundesliga hat der FC | |
St. Pauli eine Niederlage erlitten, die womöglich mehr schmerzt als so | |
mancher Punktverlust aus der Hinrunde: Vor Gericht scheiterte der Verein | |
mit dem Versuch, die Hoheit über seine Merchandising-Aktivitäten | |
wiederzuerlangen. | |
Der FC St. Pauli hatte gegen seinen Vermarktungspartner Upsolut geklagt, | |
dem ein Vertrag aus dem Jahr 2004 stolze 90 Prozent der Einnahmen aus dem | |
Fanartikelverkauf garantiert - für 30 Jahre. Der Vertrag, so die | |
Argumentation des Clubs, sei sittenwidrig. Dem folgte das Hamburger | |
Landgericht nicht: "Die Klage wird abgewiesen", verkündete es am Donnerstag | |
lakonisch. Die Begründung soll in der kommenden Woche folgen. | |
Der Streit hat seinen Ursprung in den 90er Jahren. Club-Präsident "Papa | |
Heinz" Weisener hatte den Verein damals so weit heruntergewirtschaftet, | |
dass nur noch eine Millionenspritze ihn retten konnte. Und auf wundersame | |
Weise stand ein Wohltäter bereit: Der angesehene Architekt Heinz Weisener | |
steckte Millionen in den Club, dessen Präsident er war. | |
Kleiner Schönheitsfehler: Der FC St. Pauli trat im Gegenzug sämtliche | |
Vermarktungsrechte an seinen Präsidenten ab. Ein paar Jahre später liefen | |
Weiseners Geschäfte schlecht. Diesmal musste er sich selbst retten - und | |
Präsident Weisener beschloss im Jahr 2000, dem Architekten Weisener die | |
Vermarktungsrechte wieder abzukaufen. Aber wovon? | |
Ein neuer Wohltäter trat auf den Plan: die Sportmarketing-Agentur Upsolut. | |
Ihr "Kommunikations-Chef": Rechtsanwalt Christian Hinzpeter, früherer | |
Vizepräsident und Geschäftsführer des FC St. Pauli, von Weisener auf | |
unfeine Art geschasst, und mit den wirtschaftlichen Verhältnissen des | |
Vereins bestens vertraut. Upsolut sprang dem Club mit einem | |
Millionen-Darlehen bei - und verlangte dafür im Vergleich zum eigenen | |
Präsidenten eine eher bescheidene Entlohnung: 50 Prozent der | |
Vermarktungs-Einnahmen, also Fanartikelverkauf, Trikot- und Bandenwerbung, | |
Fernsehhonorare. Bei einem normalen Fußball-Bundesligisten weit mehr als | |
die Hälfte der Gesamteinnahmen. | |
Der FC St. Pauli stand zwei Jahre später dennoch wieder am Rand der Pleite, | |
die nur durch eine spektakuläre Retter-Kampagne abgewendet wurde. Als das | |
Schreckgespenst Insolvenz inklusive Zwangsabstieg abgewendet war, machte | |
sich der neue Präsident Corny Littmann daran, mit Upsolut über den | |
Vermarktungsvertrag zu verhandeln. Und die Sportvermarkter ließen mit sich | |
reden: 2004 verzichteten sie auf ihren Anteil an Werbe- und TV-Einnahmen, | |
verlangten dafür aber satte 90 Prozent der Merchandising-Einnahmen - und | |
ließen sich diesen Anspruch für 30 Jahre festschreiben. | |
Insbesondere gegen diese Klausel wehrt sich der Verein. Vor gut einem Jahr | |
zunächst mit einer Guerilla-Merchandising-Linie mit dem Namen | |
"Millerntor-Stadion", die auf Totenkopf und Vereinslogo verzichtete. | |
Dagegen erwirkte Upsolut eine einstweilige Verfügung. Die "eigenen" | |
Fanartikel musste St. Pauli umgehend einstampfen. | |
Dann zog der FC St. Pauli seinerseits vor Gericht. Die langfristige Bindung | |
im steil wachsenden Geschäft mit Fanartikeln - St. Pauli liegt in dieser | |
Disziplin unter den Top 5 der Liga - erschien den Juristen des Clubs | |
sittenwidrig. "Für uns ist das ein handfester Wettbewerbsnachteil", sagt | |
Clubsprecher Christian Bönig. Einer von mehreren: Die Selbstverpflichtung | |
des Vereins, auf einen Verkauf des Stadionnamens oder akustischer Signale | |
während des Spiels zu verzichten, verbaut andere Erlösquellen. Allein durch | |
den Vertrag mit Upsolut sollen dem Verein jedes Jahr Einnahmen in | |
siebenstelliger Höhe entgehen. Bönig nennt keine Zahlen, flachst aber: | |
"Dafür könnte man schon ein bis zwei Stürmer holen." | |
Dennoch sind alle Beteiligten bemüht, in dem Konflikt den Ball flach zu | |
halten. "Das operative Geschäft wird durch den Rechtsstreit nicht | |
beeinträchtigt", sagt Bönig. Und auch bei Upsolut gibt man sich betont | |
zurückhaltend: "Das Gericht ist offensichtlich unserer Rechtsauffassung | |
gefolgt", ist alles, was sich Vorstand Michael Hinz entlocken lässt. "Wir | |
möchten jetzt nicht als die großen Gewinner dastehen." | |
Es ist ohnehin wahrscheinlich, dass man sich bald wieder vor Gericht sieht: | |
"Es war nicht zu erwarten, dass das Verfahren in erster Instanz zum | |
Abschluss gebracht wird", sagt St. Pauli-Vizepräsident Gernot Stenger. | |
6 Jan 2011 | |
## AUTOREN | |
Jan Kahlcke | |
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