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# taz.de -- Sudanesen in Berlin: "Wir sind sehr euphorisch"
> Die Sudanesen in Berlin haben derzeit nur ein Thema: das Referendum über
> die Unabhängigkeit des Südens, sagt Arkangelo Modesto. Es werde
> leidenschaftlich diskutiert.
Bild: Eine Frau bei der Abstimmung im Sudan.
taz: Herr Modesto, Sie sind Vorsitzender des SudanClubs in Berlin. Hier
treffen sich Süd- und Nordsudanesen. Sicherlich ist das Referendum über die
Unabhängigkeit des Südens derzeit das bestimmende Thema?
Arkangelo Modesto: Natürlich, wir diskutieren leidenschaftlich miteinander.
Sie können sich vorstellen, dass wir Südsudanesen zurzeit sehr euphorisch
sind, während die Nordsudanesen den Abspaltungsprozess mit gemischten
Gefühlen sehen. Aber bei uns im Verein darf jeder frei sagen, was er denkt.
Wie viele Südsudanesen leben in Berlin?
Wir sind hier nur eine Handvoll. Viele sind in den letzten Jahren in den
Sudan zurückgekehrt, um beim Aufbau des Südens zu helfen.
Könnten Sie sich selbst auch eine Rückkehr vorstellen?
Pläne für eine Rückkehr habe ich tatsächlich. Gerne würde ich das
Krankenhaus wieder aufbauen, in dem ich früher gearbeitet habe.
In den letzten Monaten kam es zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen
südsudanesischen Volksgruppen. Und auch während des Referendums forderten
Auseinandersetzungen Tote, diesmal in einer Grenzregion zum Norden. Wie
stabil ist die Lage?
Zu den Kämpfen, auch zu den aktuellen Auseinandersetzungen, möchte ich nur
so viel sagen: Sie werden von Gruppen aus dem Norden geschürt, die gegen
die Unabhängigkeit des Südens sind. Das Land sollte im Chaos versinken und
der Welt gezeigt werden, schaut her, der Süden ist noch nicht reif für die
Selbstständigkeit. Für einen stabilen Staat benötigen wir wiederum dringend
die Hilfe Europas und der USA. Wir beginnen zwar nicht bei null, aber die
Infrastruktur ist katastrophal, die Versorgungslage schlecht und das
Gesundheitssystem in seinen Anfängen. Auf der politischen Ebene muss zudem
ein demokratisches System etabliert werden. Doch wir haben qualifizierte
Frauen und Männer in unseren Reihen, denen ich zutraue, einen stabilen
Staat aufzubauen. Der Süden hatte von 1973 bis 1985 einen Autonomiestatus
innerhalb des Sudans. Das zeigt, dass wir uns sehr wohl selbst verwalten
können.
Ökonomisch helfen könnte einem unabhängigen Südsudan sicherlich das Erdöl.
Sind die großen Ölvorkommen Segen oder auch Fluch?
Ich gebe Ihnen recht: Wir sollten uns nicht ausschließlich auf das Erdöl
konzentrieren. Es kann aber auch der Motor sein, um andere Ressourcen
freizusetzen, wie zum Beispiel in der Landwirtschaft. Ferner hat das Öl
einen ganz großen Vorteil. Wir besitzen 80 Prozent des sudanesischen Öls.
Es muss allerdings für den Export über nordsudanesische Pipelines zum
nordsudanesischen Hafen gepumpt werden. Beide Parteien, Nord- wie Südsudan,
profitieren also von dem Öl. Eine friedliche Koexistenz ist somit im
beiderseitigen Interesse. Sie muss aber auch an anderer Stelle gepflegt
werden. So leben im Sudan Nomaden, die von alters her vom Norden in den
Süden ziehen. Ihnen darf die Grenze kein Hindernis sein.
Sie sind sehr engagiert. Welche Möglichkeit hatten Sie, sich für das
Referendum registrieren zu lassen?
In Deutschland leider keine. In Europa konnte man sich lediglich in London
für das Referendum registrieren lassen. Dorthin kommt man ohne Visum aber
leider nicht so einfach. Allerdings habe ich ein sogenanntes Mock Voting
mit Südsudanesen weltweit via E-Mail organisiert. Es sollte herausfinden,
wie die Stimmung der Südsudanesen bezüglich der Unabhängigkeit ist.
Und wie war das Ergebnis?
Es haben 100 Prozent für die Unabhängigkeit gestimmt.
11 Jan 2011
## AUTOREN
Alexander Jossifidis
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