# taz.de -- Folter in Hollands Psychiatrie: Drei Jahre wie ein Tier gehalten | |
> Ein Video löst in Holland Empörung aus. Es zeigt einen jungen Mann mit | |
> geistiger Behinderung, der in seiner Zelle mit einer Leine an die Wand | |
> gekettet ist. | |
Bild: Brandon van Ingen in einem Fernsehbeitrag des Magazins "Uitgesproken". | |
ARNHEIM taz | Im niederländischen Fernsehen waren am Dienstagabend | |
schockierende Bilder zu sehen, [1][Videoaufnahmen], die für Empörung | |
sorgen. Sie zeigen den 18-jährigen, geistig behinderten Brandon van Ingen, | |
der in seiner kahlen Einzelzelle in der Einrichtung 's Heeren Loo in Ermelo | |
an eine Wand festgekettet ist. | |
Er trägt ein Geschirr um den Oberkörper und ist über einen Gurt mit einem | |
Wandhaken verbunden. Sein Bewegungsraum soll eineinhalb Meter betragen. | |
Nach Aussagen seiner Mutter, Petra van Ingen, soll dieser Zustand seit drei | |
Jahren bestehen. Ihr Sohn werde "wie ein Tier im Käfig gehalten", sagte sie | |
in der TV-Reportage zu den Videoaufnahmen, die sie selbst in der | |
Einzelzelle aufgenommen hat. | |
Eine Betreuerin des jungen Mannes, Iris Mourits, konnte die Lage des | |
Patienten nicht mehr mitansehen und hat nun die Alarmglocken geläutet. | |
Viele Niederländer reagierten empört. Parlamentarier der | |
sozialdemokratischen PvdA haben eine Dringlichkeitsdebatte im Parlament | |
gefordert über den Umgang mit Patienten in der Psychiatrie. Sie sollte noch | |
am Mittwoch stattfinden. | |
Ihr Sohn Brandon sei tagaus, tagein angekettet, erklärt van Ingens Mutter | |
in dem TV-Beitrag der Sendung "Uitgesproken". Er sei bereits drei Jahre | |
nicht mehr an der frischen Luft gewesen. Der Direktor der Einrichtung 's | |
Heeren Loo, Frank van der Linden, bestreitet dies in dem Beitrag. | |
Brandon van Ingen ist leicht geistig behindert und leidet an einer | |
"seltenen Kombination psychiatrischer Störungen". Wegen des | |
"außerordentlich komplexen" Zustandes des Patienten sei die Einschränkung | |
seiner Freiheit notwendig, so die Einrichtung. | |
Brandon sei aggressiv, hyperaktiv und eine Gefahr für sich selbst und seine | |
Umgebung. Sein Verhalten sei unvorhersehbar. Frank van der Linden sagte, | |
dass Gefahr von Brandon van Ingen ausgehe und ein Richter deshalb | |
angeordnet habe, dass der Patient isoliert werden müsse. Zum Schlafen werde | |
er immer losgebunden und er sei in der Regel nur angekettet, wenn andere | |
Personen in seiner Nähe sind, hieß es in dem Beitrag. | |
Die Betreuerin Iris Mourits erzählt in der Sendung, dass Personal habe | |
Angst vor dem Patienten. Sie fordert, dass eine Lösung gefunden werden | |
müsse, und schlägt vor, dass sich Pfleger um Brandon van Ingen kümmern, die | |
körperlich stärker sind als der Patient. Der geistig Behinderte soll nicht | |
der einzige sein, dessen Bewegungsfreiheit täglich stundenlang | |
eingeschränkt ist. Etwa 40 solcher Fälle soll es landesweit geben, meldete | |
die Tageszeitung NRC Handelsblad. Der Sachverständige Bert Lendemeijer | |
sagt, das geschehe aus purer Verzweiflung, und er verweist auf die | |
mangelnden Kapazitäten der Einrichtungen im Umgang mit solchen Patienten. | |
19 Jan 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://www.youtube.com/watch?v=se82tE1KOPs | |
## AUTOREN | |
Gunda Schwantje | |
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