# taz.de -- Streit der Woche: "Bahn und Auto stritten nie" | |
> Muss man die Bahn liebhaben? Automobilisten mochten sie immer, sagt | |
> Ex-Verkehrsminister Matthias Wissmann. Liebe darf kein Muss sein, sagt | |
> taz.de-Leser Uli Moll. | |
Bild: Mache Züge kann man nur liebhaben. Aber die Deutsche Bahn? | |
BERLIN taz | Matthias Wissmann ist überzeugt, dass sich Bahn und Pkw | |
vervollständigen. „Die Bahn und das Auto haben sich nie gestritten“, | |
schreibt der Ex-Verkehrminister und Präsident des Verband der | |
Automobilindustrie (VDA) im Streit der Woche der sonntaz. Denn jedes zweite | |
fabrikneue Auto werde mit der Bahn transportiert, und Enkelkinder würden | |
vom Bahnhof mit dem Auto abgeholt. „Das ist ein Zeichen, wie sehr wir | |
Automobilisten die Bahn mögen.“ | |
Nach dem Kältekrampf des frühen Winters und den Hitzeprobleme im Sommer | |
sind viele Kunden genervt von langen Verspätungen und technischen Ausfällen | |
bei der Deutschen Bahn. Auf der anderen Seite werden positive Gefühle mit | |
dem Bahnfahren verbunden: zum Beispiel der Freiraum zum Lesen und Denken, | |
den eine Bahnfahrt mit sich bringt und das Dahingleiten durch die | |
Landschaft. | |
Der Busunternehmer Alex Kuhr von DeinBus.de liebt die Bahn zwar eigentlich | |
auch, klagt aber über mangelnde Erwiderung der Liebe: "Du Bahn, hast uns | |
nicht lieb.“ Sein Unternehmen wird gerade von der Deutschen Bahn verklagt, | |
weil es im Internet Städteverbindungen anbietet, die nach Ansicht der Bahn | |
zu günstig sind. „Wir hätten so schön in die Zukunft fahren können, Du auf | |
der Schiene, wir auf der Straße, “ schreibt Kuhr in der sonntaz. | |
Bahnvielfahrer neigen durchaus zu Liebestrunkenheit, dafür ist Tübingens | |
Oberbürgermeister Boris Palmer ein Beispiel, obwohl er gegen das | |
Bahnprojekt Stuttgart 21 kämpft : „So lange die Bahn ist, wie sie ist, | |
liebe ich sie eben so, wie ich sie gern hätte.“ Der Mathematiker zieht | |
sogar aus den unzählbaren Verspätungen seinen Nutzen: Er könne als | |
Reisender live über sein Smartphone neue Verbindungen heraussuchen, die | |
sich aus der Unpünktlichkeit ergeben. | |
Doch nicht alle versuchen, sich in ihrem Liebeskäfig ergeben | |
zurechtzufinden. „Lieben müssen? Ja wo sind wir denn hier? Ich 'muss' | |
erstmal gar nichts!“, entrüstet sich der taz-Leser Uli Moll. Er dürfe es | |
aber, und er behält sich vor, es auch wieder zu tun, sollte sich der | |
Service der Bahn verbessern. | |
Der Professor für Bahnanlagengestaltung Wolfgang Fengler hat die Bahn | |
allein deshalb lieb, weil sie heute schon „elektro-mobil“ sei. An die | |
elektrischen 40-Tonner auf der Autobahn glaubt der Ingenieur nicht: „Dann | |
lieber gleich die Bahn!“ | |
Im Streit der Woche diskutieren außerdem die Autoren Annett Gröschner und | |
Claus-Peter Hutter und die taz.de-Leserin Friederike Stramm. Auf taz.de | |
wurde die Frage sehr kontrovers diskutiert. Während die einen auf Grund der | |
schlechten Reisebedingungen der Bahn gründlich abschwören, halten andere, | |
die von guten Verbindungen profitieren, mit ihren Liebeserklärungen | |
dagegen. So zum Beispiel Friederike Stramm, die in der sonntaz | |
eindrucksvoll ihre Geld- und Zeitvorteile bei der Bahn durchrechnet. | |
21 Jan 2011 | |
## AUTOREN | |
Maximilian Schach | |
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