# taz.de -- Saarbrücken-Tatort: Boxen gegen die Vergangenheit | |
> Mit schockbewussten Bildern zeigt der Saarländische Tatort "Heimatfront" | |
> Heimkehrer aus Afghanistan. Und die Kommissare gewinnen an | |
> Persönlichkeit. | |
Bild: Punkten mit neuer Grimmigkeit: Die Kommissare Deininger (links) und Kappl. | |
HAMBURG taz | Die Friedenstaube hängt blutend an einem Deckenhaken. | |
Performancekünstlerin Viktoria Schneider hatte im weißen Kleid und mit | |
weißen Flügelchen ein Antikriegsstück geplant, doch irgendwo aus der Ferne | |
nahm sie ein Scharfschütze ins Visier. Das schränkt die Auswahl der | |
Verdächtigen ein: Der Täter kann nur ein Kunstschütze sein. Oder Soldat. | |
Und so führt die Spur schnell zu einer Truppe von Afghanistanheimkehrern, | |
die genau in jener Klinik ihre posttraumatische Belastungsstörung | |
auszutherapieren versuchen, in dem die Performancekünstlerin als Aushilfe | |
arbeitete. Haben die Soldaten herausgefunden, dass die junge Frau | |
Behandlungsvideos mitgehen lassen hat, auf denen die versehrten Kämpfer bei | |
Schrei-, Heul- und Schweißausbrüchen zu sehen sind? | |
Es sind schockbewusste Bilder, mit denen dieser Saarländische "Tatort" sein | |
Thema aufmacht: In langen Videopassagen sehen wir junge Männer, die gegen | |
die Schatten der Vergangenheit boxen. Beinahe ein wenig schematisch wirkt | |
die Geisterbeschwörung des Konflikts in Afghanistan, den man Krieg nicht | |
wirklich nennen darf. Doch die jungen Darsteller - allen voran Constantin | |
von Jascheroff und Martin Kiefer, die im Februar auch gemeinsam im harten | |
Kinoknastdrama "Picco" zu sehen sind - füllen diese Untoten des Krieges | |
bald, so gut es geht, mit Leben. | |
Was sie eint: Zuhause - bei Kind, Frau oder Mutter - werden die Heimkehrer | |
nicht mehr glücklich; allesamt träumen davon, nach der Entlassung aus der | |
Bundeswehr im Auftrag eines privaten Sicherheitsdienstes wieder an den | |
Hindukus zurückzugehen. | |
Sicher, an die bislang beste deutsche Fernsehproduktion zum Thema | |
Afghanistanheimkehrer, die "Bloch"-Episode "Tod eines Freundes" mit einem | |
grandiosen Jochen Nickel, reicht "Heimatfront" (Regie: Jochen Alexander | |
Freydank, Buch: Christiane Hütter und Christian Heider, Uwe Wilhelm) nicht | |
heran. Statt das Trauma eines Kriegseinsatzes an einer Person fest zu | |
machen werden einfach zu viele Unterthemen angerissen; der Fokus verrutscht | |
zuweilen. | |
Für den bis vor kurzem noch komplett belanglosen SR-"Tatort" ist die | |
Episode trotzdem ein Schritt in die richtige Richtung: Die neue Grimmigkeit | |
steht auch den beiden Ermittlern gut. Zumal Kommissar Kappl (Maximilian | |
Brückner) immer stärker beiseite tritt, um seinen Kollegen Deininger | |
(Gregor Weber) mehr Raum zu geben. Und der Quadratschädel mit der | |
Quadratbrille entwickelt schillernde Züge. Sehr schön zum Beispiel die | |
Begegnung mit der Psychologin der Soldaten, die den ewig klugscheißenden | |
Cop bereits kennt: Der musste nämlich mal ein Gewaltseminar bei ihr | |
absolvieren absolvieren. Gefährlicher Typ, dieser Deininger. | |
"Tatort: Heimatfront", Sonntag, 23.1., 20.15 Uhr, ARD | |
23 Jan 2011 | |
## AUTOREN | |
Christian Buss | |
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