# taz.de -- Videoüberwachung im öffentlichen Raum: Kameras an der Rolltreppe | |
> In Geschäften wird immer häufiger gefilmt, ohne dass die rechtlichen | |
> Fragen geklärt sind. Jetzt geht der Streit bei einem Hamburger | |
> Einkaufszentrum weiter - und vielleicht bald vor Gericht. | |
Bild: Sicherheit geht vor: Alstertal-Einkaufszentrum bei Nacht | |
HAMBURG taz - Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes Caspar hat die | |
Videoüberwachung in Einkaufszentren der ECE-Gruppe kritisiert. Seine | |
Behörde hatte beispielhaft das Einkaufszentrum Alstertal überprüft und | |
angeordnet, 24 der 75 installierten Videokameras abzubauen. Bemängelt | |
wurden Kameras in den Eingängen zu Toiletten, an Rolltreppen oder in Cafés. | |
Die Besucher gingen davon aus, sich dort in einer "relativen Situation der | |
Anonymität" zu befinden, sagte Caspar. Filmen sei hier nicht | |
verhältnismäßig und verstoße gegen das Bundesdatenschutzgesetz. | |
Unbedenklich sei die Überwachung von Tiefgaragen, Fluchtwegen und | |
Kassenautomaten. | |
ECE, der mit derzeit 132 Einkaufszentren europäische Marktführer mit | |
Hauptsitz in Hamburg, weist die Kritik zurück und hat Einspruch gegen die | |
Abbauverfügung eingelegt. "Wir standen seit 2008 immer in einem guten | |
Dialog mit dem Hamburger Datenschutzbeauftragen", sagt ECE-Pressesprecher | |
Robert Heinemann. Beanstandete Kameras habe man auch schon mal abgebaut | |
oder umjustiert. "Aber jetzt haben wir das Gefühl, dass an uns ein Exempel | |
statuiert werden soll." Es gehe gar nicht um die einzelne Kamera, sondern | |
um die grundsätzliche Frage, was in privaten, aber öffentlich genutzten | |
Räumen wie Einkaufszentren, Flughäfen oder Bahnhöfen erlaubt sei. Das wolle | |
man nicht hinnehmen. | |
"Wir kennen Einkaufszentren, in denen Kameras an Orten, die bei uns als | |
problematisch eingestuft wurden, nicht abgebaut werden mussten", sagt | |
Heinemann, ohne jedoch konkrete Beispiele zu nennen. "Unser Ziel ist | |
natürlich grundsätzlich, so wenig Kameras wie möglich, aber so viele wie | |
zur Sicherheit unserer Kunden nötig, zu installieren." Man sei aber nicht | |
bereit, generell auf Sicherheitsmaßnahmen in der Ladenstraße zu verzichten. | |
"Ein Kaufhaus ist doch kein unsicherer Ort", sagt dagegen Nils Zurawski, | |
Kriminologe an der Universität Hamburg. "Verkäufer überfallen ihre Kunden | |
nicht und die Kunden überfallen sich nicht gegenseitig." Das bedeute: Die | |
Kameras schützten die Läden vor wirtschaftlichen Verlusten durch | |
Ladendiebstähle und nicht die Kunden vor etwaigen Gefahren, wie es das | |
Unternehmen suggeriere. Ähnlich argumentiert auch Caspar. In | |
Einkaufszentren gebe es kein Gewaltpotenzial wie beispielsweise in U- oder | |
S-Bahnen. Eine Gefahr für die Kunden sei deshalb nicht nachvollziehbar. | |
"Außerdem sitzt niemand am Monitor und beobachtet das Geschehen im | |
Einkaufszentrum", sagt Caspar. "Im Falle eines Übergriffs kann niemand | |
eingreifen. Es gibt also keinen Zugewinn an Sicherheit." | |
Sollten Datenschützer und Einkaufszentrumsbetreiber sich nicht einigen, | |
könnte es zu einem Musterverfahren vor dem Hamburger Verwaltungsgericht | |
kommen. "Eine grundsätzliche rechtliche Lösung wäre sensationell", sagt | |
Zurawski. Der Bereich der privaten Überwachung sei bisher ein dunkelgrauer | |
Bereich. "Es ist beispielsweise nicht geregelt, wie lange Daten gespeichert | |
werden dürfen und wie diese gesichert sein müssen." Das führt im Falle von | |
ECE dazu, dass es kein einheitliches Sicherheitskonzept in den | |
Einkaufszentren der Unternehmensgruppe gibt. Die Kameraaufnahmen werden | |
laut Heinemann mal 24, mal 48 und mal 72 Stunden lang gespeichert, bevor | |
sie automatisch überschrieben werden. | |
"Die Daten werden ohnehin nur bei Straftaten an die Polizei übergeben", | |
sagte Heinemann. Bildmaterial sei bereits erfolgreich bei Fahndungen | |
eingesetzt worden. "Es gibt unseren Kunden das Gefühl von Sicherheit, wenn | |
Sie wissen, dass wir mit den Kameras Vorfälle aufklären können." | |
Caspar dagegen verweist darauf, dass die Prävention von Straftaten Sache | |
des Staates und nicht von Shoppingzentren sei. "Wenn man das weiterdenkt, | |
könnte man sich auch Kameras in Einkaufsmeilen in der Innenstadt | |
vorstellen." | |
Noch liegt Caspar für keine Begründung des Widerspruchs von ECE vor, ein | |
außergerichtlicher Konsens ist also noch möglich. Sollte es aber zum | |
Musterverfahren kommen, wünscht sich Caspar, dass am Ende klar geregelt | |
wird, wo Kameras hängen dürfen und wo nicht. | |
10 Feb 2011 | |
## AUTOREN | |
Ilka Kreutzträger | |
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