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# taz.de -- Kolumne Was bisher geschah: Angst vor der Party
> Die Sophiensaele stehen noch. Die Angst vor Schlägertypen der Russenmafia
> auf der Party des United Film Office blieb unbegründet.
Vorweg eine gute Nachricht für alle Freunde der gepflegten Berliner
Off-Kultur: Die Sophiensaele stehen noch. Der Putz bröckelt zwar wie eh und
je, aber Schlimmeres blieb dem historischen Gemäuer des
Handwerkervereinshauses an der Sophienstraße in Mitte am Montagabend
erspart. Die Russen kamen nicht - beziehungsweise es kamen nur diejenigen,
die auch eingeladen waren zur Party des United Film Office (UFO) wie
Schauspieler Jewgenij Sitochin, der Russe vom Dienst in deutschen Film- und
Fernsehproduktionen, zuletzt etwa in Chris Kraus "Poll" und - natürlich -
Dominik Grafs "Im Angesicht des Verbrechens".
Aber Schlägertypen, wie sie Sitochin in Grafs Russenmafiaepos um sich
schart, haben sich nicht blicken lassen. Die letztlich zum Glück
unbegründete Angst vor der Party illustriert ein Stück weit sicherlich auch
die Wirkungsmacht von "Im Angesicht des Verbrechens": Die Russenmafia ist
durch die Serie endgültig ins Berliner Bewusstsein gesickert als Teil der
sozialen Realität dieser Stadt.
Wer sich jetzt immer noch fragt, was die ganze Aufregung soll - Angst?
Angst warum? -, der hat in den Tagen vor der Berlinale wohl nicht Zeitung
gelesen. Die berichteten nämlich groß über einen Einbruch ins United Film
Office in der Nacht zu Freitag, bei dem mehrere Computer und angeblich auch
"die vorläufige Endfassung" (afp) von Cyril Tuschis Dokumentarfilm
"Khodorkovsky" über den in Ungnade gefallenen russischen Oligarchen
gestohlen wurden.
Für einen kurzen Moment schien die Berlinale-Premiere gefährdet, der
Adrenalinpegel in den Redaktionen stieg - bis sich herausstellte, dass die
Premiere keine Sekunde gefährdet war, es sich nur um eine Untertiteldatei
handelte, die mit den Computern entwendet wurde. So richtig für die
Öffentlichkeit aufgeklärt wurde das nie, sowohl der Filmemacher als auch
die Medien wollten sich die schöne Geschichte nicht kaputt machen. Kann man
ja irgendwie auch verstehen. Das liest sich einfach zu gut: Wer einen Film
über Russlands Staatsfeind Nummer eins dreht, muss damit rechnen, auch auf
der schwarzen Liste des Kreml zu landen - nicht ganz so weit oben wie
Michail Chodorkowski, aber trotzdem blöd. Wenn der verlängerte Arm des
Kreml tatsächlich hinter dem Einbruch stecken sollte, wäre es eine
effektive Drohgebärde.
Denn, wer auch immer es war: Tuschi hat vorsichtshalber seine Konsequenzen
aus dem Einbruch gezogen. Er wolle "Khodorkovsky" im Mai auch in Russland
zeigen, kündigte der Filmemacher im Rahmen der Weltaufführung am
Montagabend an. Persönlich dabei sein will er aber lieber nicht.
15 Feb 2011
## AUTOREN
David Denk
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